Zuständigkeit deutscher Gerichte für Buchung bei ausländischer Fluglinie

Bucht ein Kunde auf der deutschsprachigen Webseite einer ausländischen Fluglinie und gibt diese im Impressum eine Niederlassung im Inland an, darf der Kunde in der Regel davon ausgehen, dass die Filiale unabhängig Geschäfte tätigt. Ausschlaggebend ist dabei laut Bundesgerichtshof die Art und Weise, in der die Niederlassung gegenüber Dritten im Geschäftsverkehr auftritt. Für den Rechtsstreit mit Air France seien hier die deutschen Gerichte zuständig.

Fluggast verlangt Schadensersatz nach Ticket-Storno

Ein  in Deutschland wohnhafter Schnäppchenjäger verlangte von der Fluggesellschaft Air France Schadensersatz wegen Stornierung eines Luftbeförderungsvertrags. Er hatte unmittelbar über die deutsche Website der Fluglinie (www.airfrance.de) die Strecke San-Francisco - Paris (First Class) und Paris - London (Business Class) für weniger als 600 Euro gebucht, und erhielt ein elektronisches Ticket. Regulär wären seinerzeit Kosten von mehr als 10.000 Euro angefallen.

Streit um internationale Zuständigkeit bei Internetbuchungen

Im Impressum der Internetseite waren unter dem Begriff "Air France Deutschland" eine Frankfurter Adresse sowie der deutsche Marketing-Geschäftsführer angegeben. Daneben wurde der französische Mutterkonzern aufgeführt. Auf der Flugkarte war Frankfurt am Main als Ausstellungort verzeichnet. Einen Tag nach der Buchung teilte die Airline mit, dass das Billet wegen eines Systemfehlers storniert worden sei. Das LG Frankfurt am Main wies die Klage des Schnäppchenjägers mangels internationaler Zuständigkeit ab. Das sah das dortige Oberlandesgericht genauso, ließ eine Revision aber ausdrücklich zu, weil "die Frage, wie es sich bei Internetbuchungen mit der internationalen Zuständigkeit verhält", grundsätzliche Bedeutung habe. Die Revision des Käufers war erfolgreich.

BGH: Betriebsbezug kraft Rechtsschein

Der BGH verwies die Sache an das Landgericht zurück. Aus seiner Sicht sind die deutschen Gerichte für den Rechtsstreit nach Art. 7 Nr. 5 Brüssel-Ia-VO zuständig. Es müsse davon ausgegangen werden, dass es sich bei der deutschen Zweigniederlassung der Fluglinie um eine selbstständige Betriebstätte handele, die in jeder Hinsicht vom Hauptsitz unabhängig sei. Es seien Mitarbeiter vorhanden, die unter Leitung eines Geschäftsführers spezielle Angebote für deutsche Reisebüros und Firmen erstellten. Dem X. Zivilsenat zufolge sind dabei nicht die geschäftsinternen Abläufe ausschlaggebend, sondern die Art und Weise, in der die Niederlassung gegenüber Dritten im Geschäftsverkehr auftritt. Die deutsche Filiale habe gegenüber Kunden den Anschein erweckt, dass sie die Buchungen anbiete, das Vertragsangebot entgegennehme und gegebenenfalls dessen Annahme erkläre. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass sie im Impressum als "Air France in Deutschland" bezeichnet werde. Auch die Angaben im elektronischen Ticket bestätigten den erweckten Eindruck, weil der Ausstellungsort mit dem im Impressum angegebenen Sitz der Niederlassung übereinstimme und die darin angegebene Nummer der Internationalen Luftverkehrs-Vereinigung (IATA) dem deutschen Sitz zugeordnet sei.

BGH, Urteil vom 16.03.2021 - X ZR 9/20

Redaktion beck-aktuell, 21. Mai 2021.