Zur Abwehr einer Räumungsklage reicht kein ärztliches Attest

Macht ein Mieter gegen die Räumung seiner Wohnung gesundheitliche Gründe geltend, reicht hierfür nicht allein ein Attest des Arztes, so der Bundesgerichtshof in einer am Donnerstag veröffentlichten Leitsatzentscheidung. Stattdessen muss ein Sachverständigengutachten zu Art, Umfang und konkreten Auswirkungen der behaupteten Erkrankungen auf die Lebensführung des Mieters im Allgemeinen und im Fall des Verlusts der vertrauten Umgebung eingeholt werden.

Vermieter machte erfolglos Eigenbedarf geltend

In dem Gutachten solle es auch um zumindest befürchtete Folgen eines erzwungenen Wohnungswechsels gehen sowie um deren Schwere und den Grad der Wahrscheinlichkeit, dass es soweit kommt, so der BGH weiter. Im konkreten Fall geht es um einen Berliner, der seit mehr als 30 Jahren in der Wohnung wohnte und aus Sicht des Landgerichts fest in seinem Umfeld verwurzelt ist. Der Vermieter wollte die Wohnung 2016 wegen Eigenbedarfs seiner Tochter kündigen, scheiterte aber vor dem Amtsgericht. Das LG wies seine Berufung mit der Begründung zurück, die Beendigung des Mietverhältnisses würde für den Beklagten wegen seines fortgeschrittenen Alters und seiner schlechten gesundheitlichen Verfassung eine nicht zu rechtfertigende Härte bedeuten.

Ärztlich bescheinigte Depression genügte BGH nicht

In Attesten wurde unter anderem auf eine Depression mit Suizidversuchen verwiesen, die auch Magen-, Herz- und Kreislaufbeschwerden verursache. Ferner bescheinigten sie dem Mieter eine Räumungsunfähigkeit, weil dieser "aus medizinisch-orthopädischer Sicht außerstande sei, Gegenstände mit einem Gewicht über zehn Kilogramm zu heben". Aus Sicht des BGH reicht das aber nicht aus. Eine andere Kammer des LG muss den Fall neu verhandeln.

BGH, Urteil vom 28.04.2021 - VIII ZR 6/19

Redaktion beck-aktuell, 10. Juni 2021 (dpa).