Zulassung im Rechtsbeschwerdeverfahren

Unterbleibt eine Entscheidung über eine nachträgliche Beschwerdezulassung, kann dies einen Verfahrensfehler darstellen. Dieser kann auch noch im Rechtsbeschwerdeverfahren überprüft werden. Eine nachträgliche Zulassung kommt in Betracht, wenn der Fall dies ansonsten rechtfertigt. Dies hat der Bundesgerichtshof am 23.09.2020 entschieden.

Auskunftspflicht bei Zugewinnausgleich

Im Rahmen eines Scheidungsverfahrens wehrte sich eine Frau dagegen, über ihr Vermögen Auskunft zu erteilen. Die Ehepartner hatten 1996 in Ägypten eine sogenannte Urfi-Ehe geschlossen. Dabei handelt es sich um eine formlose Ehe mit eingeschränkten Rechten und Pflichten. 1998 folgte vor einem ägyptischen Notar ein Ehevertrag auf dieser Basis. Danach lebte das Paar in Deutschland.

Das AG Rottweil führte das Scheidungsverfahren nach deutschem Recht. Es verpflichtete die Ehefrau, an der Berechnung des Zugewinns mitzuwirken. Sie wandte ein, dass man sich für Güterrecht auf Basis islamischen Rechts entschieden habe. Ihre Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht Stuttgart als unzulässig verworfen: Der Beschwerdewert von 600 Euro sei nicht erreicht. Das Interesse, keine Auskunft zu erteilen, sei mit einem Zeitaufwand von 20 Stunden á 3,50 Euro entsprechend der Zeugenentschädigung nach § 20 JVEG anzusetzen. Eine Entscheidung über eine nachträgliche Zulassung nahm das Gericht nicht vor.

Zulassungsgründe müssen vorliegen

Der XII. Zivilsenat bestätigte die Entscheidung des OLG Stuttgart. Zwar sei anerkannt, dass eine Entscheidung über eine nachträgliche Zulassung der Beschwerde erforderlich sein könne. Allerdings müsse dann feststehen, dass das Familiengericht eine Entscheidung über eine Zulassung nach § 61 FamFG wegen Erreichens der Wertgrenze für entbehrlich gehalten habe. Die angebliche Aussage des Familienrichters, er gehe "davon aus, dass die Beteiligten seine Entscheidung ohnehin vom Oberlandesgericht überprüfen lassen würden" (so der BGH), belege dies nicht eindeutig. Gleiches gelte für die erteilte Rechtsbehelfsbelehrung mit Verweis auf die Wertgrenze. Insbesondere fehlt es aber nach Ansicht der Bundesrichter an einem Grund für eine Zulassung, so dass es auf die Wertvorstellung des Amtsgerichts nicht ankommt.

Dieses habe sich inhaltlich nachvollziehbar gegen eine Rechtswahl der Partner zum "islamischen Güterrecht" entschieden. Auch die Wertberechnung des Oberlandesgerichts war korrekt, so die Karlsruher Richter. Rein schikanöses Verhalten des Ehemanns, wie hier behauptet, rechtfertige keinen Wertzuschlag im Sinne eines Geheimhaltungsinteresses.

BGH, Beschluss vom 23.09.2020 - XII ZB 490/18

Redaktion beck-aktuell, 9. November 2020.