Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde in internationalen Familiensachen

Eine Rechtsbeschwerde muss konkret angeben, auf welchen Zulassungsgrund sie sich stützt und dessen Voraussetzungen ausführlich darlegen. Anderenfalls ist sie laut Bundesgerichtshof nicht zulässig. Dies gilt auch für Rechtsbeschwerden in internationalen Familiensachen – die erleichterte Statthaftigkeit beinhaltet keinen Verzicht auf allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen.

Umgangsrecht eines Russen in Deutschland

Ein Paar in Russland heiratete und bekam zwei Kinder. Fünf Jahre später wurde die Ehe geschieden, und die Kinder blieben bei ihrer Mutter. Das Paar stritt zunächst in Russland um den Umgang des Vaters: 2013 erwirkte dieser beim Bezirksgericht Oktjabrskij in Wladimir einen Umgangstitel, wonach er seinen Nachwuchs jedes Wochenende an seinem Wohnort in Russland sehen durfte. Zwei Jahre später zog die Frau mit den Sprösslingen nach Deutschland. Daraufhin beantragte der Vater in Hamburg die Vollstreckbarkeitserklärung seines russischen Umgangstitels. Seine geschiedene Frau legte aber einen Beschluss des russischen Familiengerichts Leninskij in Wladimir von 2018 vor, der den alten Titel dahingehend änderte, dass der Mann seine Kinder nur in Hamburg besuchen darf. Das Amtsgericht Hamburg lehnte seinen Antrag ab, weil der Titel aus 2013 wegen der Abänderung seine Wirksamkeit verloren habe. Der Vater erhob erfolglos Beschwerde zum Oberlandesgericht Hamburg und wehrte sich mit der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof weiter - wiederum erfolglos: Der XII. Zivilsenat verwarf sie am 11.11.2020.

Substanziierter Vortrag über Zulässigkeit erforderlich

Die Anschlussrechtsbeschwerde sei zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit § 28 IntFamRVG statthaft, erfülle jedoch nicht die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 574 Abs. 2 ZPO. Der Kindesvater hätte substanziiert darlegen müssen, warum die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder eine Entscheidung des BGH zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung notwendig ist, so die Karlsruher Richter. Die Beschwerde habe nichts zu den jeweiligen Voraussetzungen vorgetragen.

Übersetzung des Titels nicht notwendig

Dass das Oberlandesgericht die von der Mutter vorgelegte russische Entscheidung aus 2018 nicht ins Deutsche übersetzen ließ, begründet laut BGH keinen Rechtsfehler: Der Vater sei als russischer Muttersprachler nicht in seinem Gehör beeinträchtigt worden. Er habe auch nichts dargelegt, was an der Richtigkeit des mütterlichen Vortrags, der Beschluss von 2018 habe den Umgangstitel 2013 geändert, zweifeln ließe. Für das Oberlandesgericht ist dem XII. Zivilsenat zufolge ersichtlich gewesen, dass der schweigende Vater die Richtigkeit dieser Behauptung einräumen wollte. Eine Übersetzung des Umgangstitels sei daher nicht erforderlich gewesen. Auch eine überlange Verfahrensdauer stelle keine Rechtsverletzung in Sinn des § 574 Abs. 2 ZPO dar.

BGH, Beschluss vom 11.11.2020 - XII ZB 318/20

Redaktion beck-aktuell, 7. Dezember 2020.