Erstattung von Rechtsverfolgungskosten
Eine Legal-Tech-Inkassodienstleisterin verlangte von einem Abschleppunternehmen aus abgetretenem Recht vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von rund 145 Euro nach der Regulierung eines Verkehrsunfalls. Sie war nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG als Rechtsdienstleisterin registriert. Sie betreibt eine Verbraucherplattform, auf welcher sie Geschädigten die außergerichtliche Geltendmachung und Durchsetzung von Ansprüchen auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens anbietet. Hierzu gehört auch ein "Schmerzensgeldrechner", der auf Grundlage eingegebener Verletzungen und hinterlegter Urteile eine voraussichtliche und unverbindliche Ersteinschätzung des zu erwartenden Schmerzensgeldes vornimmt. Dafür verlangte sie im Gegenzug eine Erfolgsbeteiligung in Höhe von 15%. Dieses Angebot nahm der Geschädigte eines Verkehrsunfalls in Anspruch, der durch ein von einem rangierenden Abschleppfahrzeug der Beklagten umgestoßenes Motorrad Prellungen erlitten hatte. Der Abschleppbetrieb zahlte auf die Forderung des Inkassounternehmens in Höhe von 1.300 Euro 600 Euro Schmerzensgeld und 25 Euro Kostenpauschale, lehnte aber die Zahlung der Rechtsverfolgungskosten ab. Zum einen sei die Abtretung an die Klägerin wegen Verstoßes gegen das RDG nichtig. Zum anderen fehle es auch an der Erforderlichkeit nach § 249 BGB.
LG erkennt keine Überschreitung der Inkassodienstleistungsbefugnis
Die Legal Tech-Firma bekam sowohl beim AG Karlsruhe-Durlach als auch beim LG Karlsruhe Recht. Ihre Tätigkeit halte sich im Rahmen der ihr nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG erteilten Erlaubnis zur Erbringung von Inkassodienstleistungen. Eine Überschreitung ergebe sich nicht aus deren Vergütungsmodell, welches einerseits durch eine Erfolgsbeteiligung, andererseits durch die Freihaltung von Kosten im Misserfolgsfall gekennzeichnet sei. Eine Interessenkollision nach § 4 RDG liege nicht vor. Die Revision der Beklagten beim BGH hatte keinen Erfolg.
Keine Interessenkollision
Der VI. Zivilsenat stimmte dem LG im Ergebnis zu. Der Begriff der Inkassodienstleistung sei nicht in einem zu engen Sinne zu verstehen. Die Vergütungsvereinbarung verstößt aus Sicht des BGH nicht gegen § 4 RDG a. F. Eine Interessenkollision folge insbesondere nicht daraus, dass nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Inkassofirma auf der einen Seite eine Erfolgsbeteiligung in Höhe von 15% des außergerichtlich durchgesetzten Schmerzensgeldes und auf der anderen Seite die Kostenfreihaltung des Geschädigten vereinbart wurde. Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars sei nicht geeignet, die Erfüllung der von der Klägerin übernommenen Pflicht einer möglichst erfolgreichen Durchsetzung der Ansprüche ihres Kunden ernsthaft zu beeinträchtigen. Eine konkrete Gefahr, dass die Klägerin Abstriche bei der Einforderung der Schmerzensgeldansprüche mache, um sich so zu Lasten ihres Kunden das Erfolgshonorar zu sichern, bestehe nicht. Dem wirke bereits die Vereinbarung entgegen, die Anreize zu einer möglichst erfolgreichen Anspruchsdurchsetzung setzt.