Zugang zu Anwalt in Haftanhörung durch telefonische Beratung

Ein Haftrichter muss keinen neuen Anhörungstermin bestimmen, wenn der Anwalt des Asylsuchenden keinen Verlegungsantrag stellt und telefonisch beratend hinzugeschaltet wird. Gibt der Betroffene dann in der Anhörung an, er habe nichts mehr zu sagen, ist laut Bun­des­ge­richts­hof davon aus­zu­ge­hen, dass er keinen weiteren juristischen Beistand wünscht. Das Recht auf ein fai­res Ver­fah­ren werde nicht ver­letzt.

Äthiopier beantragt Asyl

Ein Äthiopier wehrte sich gegen die Anordnung von Überstellungshaft. Er war im März 2018 nach Deutschland eingereist und hatte einen Asylantrag gestellt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte diesen im April 2018 ab. Nachdem zwei Überstellungsversuche nach Schweden gescheitert waren (zum einen am Widerstand des Asylsuchenden und zum anderen wegen Nichtanwesenheit in seiner Unterkunft), beantragte die Behörde seine Verhaftung. Bei seiner Anhörung war sein Rechtsanwalt zwar nicht persönlich anwesend, er konnte währenddessen aber zweimal mit ihm telefonieren. Anschließend ordnete das Amtsgericht Wetzlar die Sicherungshaft des Mannes an. Das Landgericht Limburg wies seine Beschwerde zurück: Zwar habe der Jurist erst am Tag des Anhörungstermins von diesem erfahren; da er verhindert gewesen sei, hätte er einen Verlegungsantrag stellen können. Im Beschwerdeverfahren habe er aber erklärt, er wäre für das Verfahren auch an keinem anderen Termin zum Amtsgericht gefahren. Der Mann habe sich auch telefonisch mit seinem Anwalt beraten können.

BGH: Keine Verpflichtung zur Verlegung des Anhörungstermins

Der BGH wies die Rechtsbeschwerde zurück. Dem XIII. Zivilsenat zufolge hat das Amtsgericht den Äthiopier nicht in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt, da das Gericht den Zugang zu einem Rechtsanwalt nicht vereitelt habe. Der Amtsrichter sei bereits nicht zur Verlegung des Anhörungstermins verpflichtet gewesen, da der Anwalt erklärt habe, an der Anhörung nicht teilnehmen zu können, aber auch keinen Verlegungsantrag gestellt habe. Der Verzicht seines Bevollmächtigten auf eine Teilnahme an der Anhörung sei dem Betroffenen nach § 11 Satz 5 FamFG, § 85 ZPO zuzurechnen. Zwar habe der Asylsuchende ausweislich des Protokolls zunächst erklärt, er warte darauf, was sein Rechtsanwalt zu der Sache zu sagen habe. Der Haftrichter habe dann aber den begonnenen Anhörungstermin unterbrochen und ihm gestattet, mithilfe eines Dolmetschers mit seinem Anwalt zu telefonieren. Als sich der Afrikaner auf das berufen habe, was dieser für ihn sagen werde, habe der Vorsitzende die Anhörung erneut unterbrochen, um selbst mit dem Anwalt zu telefonieren. Dieser habe ihm seine Einwände gegen die Anordnung der Haft dargelegt. Der anschließende Verzicht des Asylsuchenden auf weitere Erklärungen kann nach Ansicht der Karlsruher Richter nur so verstanden werden, dass der Mann keinen weitergehenden juristischen Beistand gewünscht habe.

BGH, Beschluss vom 23.03.2021 - XIII ZB 66/20

Redaktion beck-aktuell, 8. Juni 2021.