Vergleich per E-Mail angeboten und widerrufen
Eine Bauherrin beauftragte 2016 Fassadenbauer, die Außenwand eines ihrer Objekte zu begrünen – das Auftragsvolumen betrug rund 250.000 Euro. Nach Fertigstellung stritten die Parteien um die Berechtigung zahlreicher Kürzungen, bis die Gartenbauerin per E-Mail ein Vergleichsangebot unterbreitete, wonach sie noch rund 14.000 Euro plus Anwaltskosten beanspruche. Sollte die Auftraggeberin diese Summe zahlen, würde sie keinerlei weitere Forderung erheben. Diese E-Mail erreichte ihre Gegnerin an einem Werktag zur Geschäftszeit. Eine Dreiviertelstunde später schrieb sie erneut eine E-Mail: Eine abschließende Prüfung der Forderung sei noch nicht erfolgt. Die vorherige E-Mail sei daher nicht zu berücksichtigen. Einige Tage später legte sie eine neue Schlussrechnung über rund 22.000 Euro vor. Die Bauherrin zahlte eine Woche nach dem Angebot 14.000 Euro auf den Vergleich. Für die noch offenen 8.000 Euro zog das Unternehmen erfolglos vor das Landgericht Berlin. Weder das Kammergericht noch der Bundesgerichtshof gaben ihr Recht.
Angebot und Annahme erfolgt
Die Restforderung ist auch nach Ansicht des VII. Zivilsenats erloschen. Das Angebot der Gartenbaufirma, einen Vergleich nach § 779 BGB zu schließen, sei durch die Zahlung angenommen worden. Diese Willenserklärung wird dem BGH zufolge nach § 130 Abs. 1 BGB nur dann nicht wirksam, wenn sie vor oder gleichzeitig mit dem Zugang widerrufen wird. Hier sei der Widerruf erst eine Dreiviertelstunde später erfolgt. Eine abschließende Entscheidung darüber, wann eine E-Mail als zugegangen gelte, müsse dabei hier nicht getroffen werden. Jedenfalls eine zu üblichen Geschäftszeiten an eine im unternehmerischen Verkehr benutzte Adresse gesandte und auf dem Mailserver abrufbereite E-Mail sei zu diesem Zeitpunkt zugegangen. Ein tatsächlicher Abruf und eine Kenntnisnahme seien nicht erforderlich. Die Bauherrin hat laut den Karlsruher Richtern das Angebot konkludent durch Zahlung der Vergleichssumme angenommen. Die eine Woche bis zum Zahlungseingang sei noch innerhalb der Frist des § 147 Abs. 2 BGB. Eine Antwortfrist sei nicht gesetzt worden und das Kammergericht sei davon ausgegangen, dass eine Äußerung binnen zwei Wochen zu erwarten gewesen wäre.