Ein Mann, der an Diabetes Mellitus Typ 2 litt, reiste für mehrere Monate in die USA. Dort musste er wegen einer Entgleisung seines Diabetes stationär behandelt werden. Seine Auslandskrankenschutzversicherung kam für die Behandlungs- und Transportkosten in Höhe von rund 35.000 Euro auf, verlangte allerdings Regress in Höhe der Hälfte des Betrages von einer anderen Auslandsreisekrankenversicherung, bei der der Mann als Inhaber der Kreditkarte einer Bank zusätzlich versichert war. Diese weigerte sich zu zahlen: Schließlich habe sie in ihren Versicherungsbedingungen "bei einem bereits vorher bekannten medizinischen Zustand" Ansprüche ausgeschlossen.
Der BGH erkannte diesen Ausschluss nicht an und entschied auf einen Innenausgleich zwischen den Versicherungen nach den gesetzlichen Regelungen über die Mehrfachversicherung, § 78 Abs. 2 VVG (Urteil vom 10.07.2024 – IV ZR 129/23). Bei beiden Versicherungen habe der Versicherte Versicherungsschutz wegen der Kosten einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung im Ausland genossen. Zwar hätten beide Versicherungen Subsidiaritätsklauseln verwendet, welche die Eintrittspflicht des Versicherers dann entfallen lassen, wenn ein anderer Versicherer, der dasselbe Risiko abdeckt, leistungspflichtig ist. Das aber stehe hier dem Anspruch der klagenden Versicherung nicht entgegen: Treffen – wie hier – gleichwertige Subsidiaritätsklauseln aufeinander, so entspreche es dem Willen der Versicherer, den Versicherungsnehmer nicht schutzlos zu stellen. Daher legt der BGH die Klauseln ergänzend dahin aus, dass sie sich gegenseitig aufheben und so bei einer Mehrfachversicherung § 78 VVG anzuwenden ist.
Ausschlussklausel ist unwirksam
Der Versicherungspflicht der beklagten Versicherung stehe die Klausel, wonach "bei einem bereits vorher bekannten medizinischen Zustand" Ansprüche ausgeschlossen sind, nicht entgegen, fährt der BGH fort. Denn die Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und sei daher unwirksam. Nach diesem Gebot müsse der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darstellen. Bei einer den Versicherungsschutz einschränkenden Ausschlussklausel müssten dem Versicherungsnehmer die damit verbundenen Nachteile und Belastungen so verdeutlicht werden, dass er den danach noch bestehenden Umfang der Versicherung erkennen kann.
Diesen Anforderungen werde die Ausschlussklausel nicht gerecht. Der durchschnittliche Versicherte könne ihr nicht hinreichend klar entnehmen, wann die Leistungspflicht der Beklagten ausgeschlossen sein soll, bemängelt der BGH. Eventuell erschließe sich dem Versicherten noch, dass mit dem medizinischen Zustand nicht der gesundheitliche Zustand gemeint sein kann, sondern es um Krankheiten gehe. Unverständlich bleibe jedoch, welcher medizinische Zustand zu einem Leistungsausschluss führt.
Zwar enthielten die Versicherungsbedingungen eine Reihe von Beispielen – diese seien aber nicht abschließend. Welche weiteren "Zustände" vom Leistungsausschluss erfasst seien, könne der Versicherungsnehmer aus den Beispielen nicht ableiten. Denn diese bezögen sich nur teilweise, aber nicht durchgehend auf schwerwiegende Erkrankungen. Sie stellten auch für die Dauer der Erkrankung keine einheitlichen Voraussetzungen auf: Es könne sich um eine kurz vor Reisebeginn zum ersten Mal aufgetretene Krankheit handeln oder auch um eine als "chronisch" diagnostizierte.
Unabhängig von der Bestimmung des "medizinischen Zustands" kann der Versicherte aus Sicht des BGH zudem nicht erkennen, in welchem Umfang das Bestehen eines solchen Zustands den Versicherungsschutz ausschließt. Er könnte den Leistungsausschluss "bei" einem bereits vorher bekannten medizinischen Zustand so verstehen, dass die Leistung für eine Behandlung dieser Vorerkrankung während der Reise ausgeschlossen sein soll – also als Bekräftigung der Definition des Versicherungsfalles, der eine "unvorhergesehen eingetretene Krankheit" voraussetzt. Eine Regelung (wie nach Angaben der Beklagten bezweckt), dass der Ausschluss für die Behandlung einer während der Reise unvorhergesehen eingetretenen Krankheit gelten soll, die nicht mit dem bereits bekannten "medizinischen Zustand" identisch ist, aber durch diesen (mit-)verursacht wurde, ergibt sich für den BGH dagegen nicht aus dem Wortlaut. Denn die Klausel formuliere keinen Ursachenzusammenhang mit dem Versicherungsfall.