Zi­ta­te von öf­fent­lich zu­gäng­li­chen Fach­aus­sa­gen er­laubt

Wer öf­fent­lich mit fach­li­chen Äu­ße­run­gen auf­tritt, kann auch unter Na­mens­nen­nung in einem Wer­be­ar­ti­kel zi­tiert wer­den. So­lan­ge die Zi­ta­te rich­tig sind und nicht der Ein­druck er­weckt wird, dass es sich um be­zahl­te Äu­ße­run­gen han­delt oder der Äu­ßern­de das Pro­dukt un­ter­stützt, er­wirbt die­ser kei­ner­lei Un­ter­las­sungs­an­sprü­che – auch dann nicht, wenn sein Name ohne seine vor­he­ri­ge Kennt­nis ge­nutzt wird.

Äu­ße­run­gen eines Me­di­zi­ners in in­for­mie­ren­der Wer­bung zi­tiert

Ein Arzt, der sich 2019 auf einer Pres­se­kon­fe­renz zum Reiz­darm­syn­drom ge­äu­ßert hatte, tauch­te ohne seine vor­he­ri­ge Kennt­nis in einem ein­sei­ti­gen Wer­be­ar­ti­kel in einer Aus­ga­be des Deut­schen Ärz­te­blatts auf. In der Wer­bung für ein pro­bio­ti­sches Pro­dukt wurde er bei der Dar­stel­lung von Dia­gno­se­schwie­rig­kei­ten des Reiz­darm­syn­droms unter Nen­nung sei­nes Na­mens zi­tiert. Weil er sei­nen Ruf ge­schä­digt sah und nicht in Ver­bin­dung mit dem wer­ben­den Un­ter­neh­men ge­bracht wer­den woll­te, erhob er nach er­folg­lo­ser Ab­mah­nung unter an­de­rem die Un­ter­las­sungs­kla­ge gegen den Pro­bio­ti­kum­her­stel­ler. So­wohl das Land­ge­richt als auch das Ober­lan­des­ge­richt Köln wie­sen seine For­de­run­gen ab. Auch vor dem Bun­des­ge­richts­hof hatte er kei­nen Er­folg.

Kein un­be­fug­ter Na­mens­ge­brauch nach § 12 BGB

Auch der BGH ver­nein­te einen Un­ter­las­sungs­an­spruch nach § 12 Satz 1 Fall 2 BGB: Eine un­be­rech­tig­te Na­mens­an­ma­ßung läge nur dann vor, wenn der Her­stel­ler den Namen zur Kenn­zeich­nung sei­nes Pro­dukts ver­wen­det hätte - hier wur­den aber laut den Karls­ru­her Rich­tern nur ein­zel­ne fach­li­che Äu­ße­run­gen des Me­di­zi­ners unter Bei­fü­gung sei­nes Na­mens teil­wei­se wört­lich und teil­wei­se sinn­ge­mäß zi­tiert. Der Ar­ti­kel er­we­cke nicht den Ein­druck, dass das an­ge­prie­se­ne Er­zeug­nis dem Arzt zu­zu­rech­nen sei. So tau­che der Name nur im Flie­ß­text ohne Her­vor­he­bung auf.

Keine Ver­let­zung des ver­mö­gens­wer­ten Ge­halts sei­nes Na­mens

Dem Arzt stehe auch kein An­spruch aus den §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB zu, denn dem I. Zi­vil­se­nat zu­fol­ge liegt keine Ver­let­zung des ver­mö­gens­wer­ten Zu­wei­sungs­ge­halts sei­nes Rechts am ei­ge­nen Namen vor. Grund­sätz­lich be­grün­de die un­be­fug­te Nut­zung des Na­mens für Wer­be­zwe­cke durch­aus einen Un­ter­las­sungs­an­spruch. Bei einer Güter- und In­ter­es­sen­ab­wä­gung sei hier aber das schüt­zens­wer­te In­ter­es­se der All­ge­mein­heit an In­for­ma­ti­on ein­zu­stel­len: Der Ar­ti­kel stel­le zu­nächst die Dia­gno­se­schwie­rig­kei­ten dar und gebe in die­sem Zu­sam­men­hang die Äu­ße­run­gen des Arz­tes wie­der. Damit er­mög­li­che die An­zei­ge dem Leser, sich wei­ter in diese Rich­tung zu in­for­mie­ren und seine ei­ge­ne Pra­xis zu hin­ter­fra­gen.

Tren­nung von In­for­ma­ti­on und An­prei­sung

Nach An­sicht des BGH ver­mit­telt der Ar­ti­kel nicht den Ein­druck, dass der Klä­ger für die Her­ga­be sei­nes Na­mens be­zahlt werde oder dass er die be­wor­be­ne The­ra­pie be­für­wor­te. Seine Äu­ße­run­gen, die im Üb­ri­gen auch im In­ter­net frei ver­füg­bar sind, dien­ten nur der Dar­stel­lung der Schwie­rig­kei­ten der Pa­ti­en­ten, bis end­lich die rich­ti­ge Dia­gno­se "Reiz­darm­syn­drom" ge­stellt werde. Die "viel­ver­spre­chen­de Al­ter­na­ti­ve" hin­ge­gen stüt­ze der Ar­ti­kel auf an­de­re Fremd­quel­len. Der Durch­schnitts­le­ser - Aka­de­mi­ker - er­ken­ne diese Tren­nung auf An­hieb und nehme kei­ner­lei Po­si­tio­nie­rung des zi­tier­ten Me­di­zi­ners im Hin­blick auf das be­wor­be­ne Pro­dukt an.

BGH, Urteil vom 28.07.2022 - I ZR 171/21

Redaktion beck-aktuell, 7. Oktober 2022.

Mehr zum Thema