Zeitnahe Bewertung von DDR-Anlagegütern in Deutscher Mark

Der Wert von DDR-Altanlagen muss nach den üblichen Anschaffungs- und Herstellungskosten bestimmt werden. Die Kosten müssen sich dabei an den Preisen orientieren, die in zeitlicher Nähe zur ersten Bewertung in Deutscher Mark üblich waren. Das hat der Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom 03.06.2020 entschieden.

Restwerte um 80% niedriger

Die aktuelle Betreiberin eines Gasnetzes wehrte sich gegen die Bewertung von Abschreibungen für vor 1990 errichtetes DDR-Altanlagevermögen durch die Bundesnetzagentur. 1996 hatte die Vorgängerin das Gasverteilernetz übernommen. Im Anlagenspiegel von 1992 bilanzierte sie für das 171 km umfassende Rohrleitungsnetz einen Restwert von Null DM. Ende 2005 übernahm die Netzbetreiberin das Unternehmen und holte ein Gutachten ein. Es bewertete die Anlagen auf Grundlage der Preise der von 2003 bis 2007 realisierten Vorhaben. Die brandenburgische Landesregulierungsbehörde legte die darin ermittelten Werte zur Genehmigung von Netzentgelten nach § 23a EnWG und zur Festlegung der Erlösobergrenze zugrunde. 2014 setzte die Bundesnetzagentur  für die zweite Regulierungsperiode (2014 bis 2018) die Werte abweichend fest. Sie bewertete das Altanlagevermögen um mehr als 80% niedriger, als vom Netzbetreiber angegeben. Das OLG Brandenburg wies die Beschwerde zurück: Die Netzagentur habe die Restwerte des Anlagevermögens nicht zu niedrig angesetzt. Es ließ jedoch die Rechtsbeschwerde zu.

BGH: Anschaffungskosten zu niedrig angesetzt

Die Rechtsbeschwerde zum BGH hatte überwiegend Erfolg. Aus Sicht der Karlsruher Richter sind die von der Bundesnetzagentur herangezogenen Werte im Anlagenspiegel nicht geeignet, die Kosten für Altanlagen zu kürzen. Die Berechnungsweise sei nicht mit den Vorgaben des § 6 Abs. 3 Satz 3 GasNEV vereinbar: Die Bewertung des DDR-Altanlagevermögens in einer DM-Eröffnungsbilanz stelle keine geeignete Grundlage für die Ermittlung der Anschaffungs- und Herstellungskosten dar. Die Bewertung des Rohrleitungsnetzes mit Null DM zum 01.01.1992 lasse keinen tauglichen Rückschluss auf die historischen Kosten des Anlagevermögens zu. Für das bis 1990 hergestellte Netz hätte zudem nach § 32 Abs. 3 Satz 3 GasNEV eine viel längere Nutzungsdauer veranschlagt werden müssen. Die Bundesnetzagentur, so der BGH, muss nun prüfen, wie sich die üblichen Anschaffungs- und Herstellungskosten in zeitlicher Nähe zum 01.07.1990 ermitteln lassen.

Redaktion beck-aktuell, 31. Juli 2020.