Eine dreiköpfige Familie wollte gerade ihre siebentägige Mittelmeerkreuzfahrt für knapp über 1.300 Euro pro Person antreten. Bei der Einschiffung in Palma de Mallorca im Herbst 2021 kam es dann anders: der positive Corona-Test ihres zweijährigen Sohnes machte ihnen einen Strich durch die Rechnung – sie durften das Schiff nicht betreten und flogen nach kurzer Quarantäne wieder nach Deutschland. Daraufhin verlangten sie von der Reiseveranstalterin unter anderem die Erstattung des Reisepreises. Die lehnte ab, so dass der Vater Klage in Höhe von insgesamt 5.316 Euro erhob.
Während das LG noch zu seinem Nachteil entschied, war er beim OLG im Hinblick auf den gezahlten Reisepreis erfolgreich: Die Veranstalterin, so der OLG-Senat, sei zur Rückzahlung des Reisepreises verpflichtet, weil sie durch die Verweigerung der Teilnahme vom Reisevertrag wegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände – hier: wegen Corona – zurückgetreten sei.
Selbst wenn die Voraussetzungen von § 651h Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BGB (unvermeidbare, außergewöhnlicher Umstände) nicht vorlägen, sei die Kündigung des Vertrags in entsprechender Anwendung von § 648a Abs. 1 BGB wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes als wirksam anzusehen. Der X. Zivilsenat des BGH kassierte das Urteil des OLG auf die Revision des Reiseunternehmens und verwies die Sache zurück (Urteil vom 18.02.2025 – X ZR 68/24).
BGH: Reiserechtliche Regelung hat Vorrang
Nach Ansicht des Reisesenats begründet der hinsichtlich des Sohns bestehende Infektionsverdacht keine unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände nach § 651h Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BGB. Vielmehr fielen diese in die Risikosphäre der Vertragspartei, also des Reisenden.
Ein der Risikosphäre des Reisenden zuzurechnender Grund habe hier vorgelegen, weil die Reisenden aufgrund eines begründeten Verdachts auf eine Covid-19-Infektion an der Reise nicht teilnehmen konnten. Entgegen der Auffassung des OLG rechtfertige dies jedoch auch nicht einen Rückgriff auf Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts oder des Werkvertragsrechts. Das – vorrangige – Reiserecht, so der BGH, dürfe nicht durch Ausweichen in das allgemeine Leistungsstörungsrecht ausgehebelt werden, falls in ihm selbst eine Lösung, ggf. in entsprechender Anwendung, angelegt sei. Hier könne der Veranstalter nach § 651h Abs. 1 Satz 3 BGB analog eine angemessene Entschädigung verlangen. Vor diesem Hintergrund komme eine analoge Anwendung von § 645, § 648a oder § 314 BGB nicht in Betracht.
Das OLG müsse prüfen, ob hier die vertragliche Entschädigungspauschale wirksam war und – falls dies zu verneinen sei – ob und in welcher Höhe die Veranstalterin Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen Einnahmen erzielt habe.