Vorfälligkeitsentschädigung: Bank darf Negativzinsen fordern

Wenn ein Darlehen vorzeitig abgelöst wird, kann für die Vorfälligkeitsentschädigung auch ein negativer Wiederanlagezins einbezogen werden, sagt der BGH. Auch dann, wenn die Bank hierdurch im Ergebnis mehr vereinnahmt als durch die entgangenen künftigen Zinseinnahmen.

Ein Bankkunde, der ein Immobiliar-Darlehen in Höhe von 350.000 Euro abgeschlossen hatte, zahlte die Restsumme des Darlehens auf eigenen Wunsch vorzeitig zurück. Hierfür stellte ihm das Geldinstitut eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 33.300 Euro in Rechnung. Der Kunde zahlte die Summe, darunter auch einen Anteil für "negative Zinsen" in Höhe von 2.600 Euro, zog dagegen aber vor Gericht.

Das OLG sprach ihm in zweiter Instanz einen Anspruch auf Rückzahlung der von der Bank bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nach § 490 Abs. 2 Satz 3 und Satz 1 i.V.m. § 488 Abs. 3 Satz 2 BGB angesetzten "negativen Zinsen" von 2.600 Euro zu. Im Rahmen der Aktiv-Passiv-Methode (hierbei werden die vorzeitig freigewordenen Darlehensbeträge fiktiv wieder investiert) schulde er keine negativen Zinsen, so die Begründung. Denn anderenfalls erhalte der Darlehensgeber mehr als bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Darlehensvertrags.

Der für das Darlehensrecht zuständige XI. Zivilsenat des BGH hob die Entscheidung des OLG auf und wies die Klage vollumfänglich ab (Urteil vom 12.3.2024 – XI ZR 159/23). Die Bank habe die "negativen Zinsen" in Höhe von 2.600 Euro zu Recht verlangt. Das OLG hätte berücksichtigen müssen, dass der Bank bei vorzeitiger Rückzahlung im derzeitigen negativen Zinsumfeld ein höherer Schaden entstehe, als sie im Falle der vertraglichen Erfüllung Zinsen hätte verlangen können, monierten die Karlsruher Richterinnen und Richter. Denn der Darlehensgeber solle bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehenskapitals und die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung im wirtschaftlichen Ergebnis so gestellt werden, wie er stünde, wenn das Darlehen für den ursprünglich vereinbarten Festschreibungszeitraum fortgeführt und mit Zinsen bedient worden wäre.

Berücksichtigung negativer Wiederanlagerenditen

"Der mit der Aktiv-Passiv-Methode berechnete Zinsverschlechterungsschaden umfasst (…) auch die bei einer laufzeitkongruenten Wiederanlage in Hypothekenpfandbriefen anfallenden negativen Renditen," stellte der BGH fest. 

Bei der Aktiv-Passiv-Methode handele es sich um eine – vom XI. Zivilsenat bevorzugte – fiktive Berechnung, die "darüber hinweghilft, dass es einer Bank häufig nicht möglich oder zumutbar ist, durch eine vorzeitige Darlehensablösung frei gewordene Mittel laufzeitkongruent in gleichartige Darlehen anzulegen". Die Bank könne so ihren Nichterfüllungsschaden oder ihre Vorfälligkeitsentschädigung auf Grundlage einer laufzeitkongruenten Wiederanlage der frei gewordenen Beträge in sicheren Kapitalmarkttiteln berechnen – unabhängig vom jeweiligen Zinsumfeld.

Redaktion beck-aktuell, ns, 25. April 2024.