Im konkreten Fall hatte die beklagte Sparkasse ohne die aktive Zustimmung eines Kunden Anfang 2018 begonnen, Gebühren für dessen Girokonto zu erheben. Der Kontoinhaber legte dagegen im Juli 2021 Widerspruch ein - und forderte anschließend vor Gericht eine Rückzahlung des von 2018 bis 2021 erhobenen Entgelts.
Zunächst wiesen AG und LG in Ingolstadt die Klage des Mannes jeweils ab (Urteil vom 11.08.2022 – 13 C 1691/21 sowie Urteil vom 23.06.2023 – 13 S 1539/22 p). Nun gab der BGH der Klage jedoch in vollem Umfang statt (Urteil vom 19.11.2024 - XI ZR 139/23).
Weiternutzung zeigt kein Einverständnis
Der Mann habe den Entgeltbedingungen nicht konkludent durch eine fortgesetzte Nutzung des Girokontos zugestimmt, entschieden die Karlsruher Richter und Richterinnen, die Fortnutzung habe keinen objektiven Erklärungswert dahingehend. Der Zugang zu einem Girokonto sei eine unabdingbare Voraussetzung für die Teilnahme am Zahlungsverkehr und von essenzieller Bedeutung für die uneingeschränkte Teilhabe am wirtschaftlichen und sozialen Leben. Deshalb sei die Nutzung allein kein Ausdruck des Einverständnisses mit der Änderung der AGB, sondern entspreche lediglich den "Erfordernissen und Usancen" des modernen Geschäfts- und Wirtschaftsverkehrs im Alltag.
Auch die Tatsache, dass der Kunde die Gebühren über mehr als drei Jahre widerspruchslos zahlte, ändere daran nichts. Die Sparkasse hatte die Gebührenerhebung auf eine Zustimmungsfiktionsklausel gestützt. Demnach gelten Änderungen der Vertragsbedingungen als akzeptiert, wenn Kunden nicht innerhalb einer bestimmten Frist widersprechen. Die Klauseln in AGBs von Banken und Sparkassen, die eine solche Fiktion vorsehen, habe der BGH bereits 2021 im Verkehr mit Verbrauchern für unwirksam erklärt (Urteil vom 27.04.2021 - XI ZR 26/20).
Die so entstandene Vertragslücke sei auch nicht im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Stattdessen sei gemäß § 306 Abs. 2 BGB dispositives Gesetzesrecht anwendbar, das mit den § 311 Abs. 1, §§ 145 ff. BGB konkrete Regelungen zur konsensualen Änderung eines Vertrags zur Verfügung stelle. Das bedeute, dass die Zustimmung durch eine Willenserklärung des Kunden zu erfolgen habe. Eine Grenze nach drei Jahren sehe der maßgebliche § 306 Abs. 2 BGB nicht vor.
Dreijahreslösung für Stromverträge hier nicht anwendbar
Insofern gebe es einen Unterschied zu unwirksamen Preisanpassungsklauseln bei Energielieferungsverträgen, für die der BGH die sogenannte Dreijahreslösung entwickelt habe (Urteil vom 14.03.2012 – VIII ZR 113/11). Nach dieser Lösung würden nur die unwirksamen Preiserhöhungen der letzten drei Jahre erstattet. Diese Lösung sei für Bankgebühren nicht passend. Denn der eigentliche Inhalt des Vertrages werde, anders als bei Preisanpassungsklauseln, durch die unwirksame Zustimmungsfiktionsklausel der Sparkasse, nicht bestimmt.
Man belaste Sparkassen und Banken angesichts der bestehenden gesetzlichen Verjährungsregeln und angesichts der Kündigungsmöglichkeit auch nicht unzumutbar, so der BGH. Weil die Bank die Gebühren demnach ohne Rechtsgrund erlangte, stehe dem Mann gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ein Rückzahlungsanspruch in voller Höhe zu.