Wirksamkeit von AGB eines Paket- und Expresszustelldienstes
Lorem Ipsum
coachwood / stock.adobe.com

Eine Klausel, bei der ein Paket nach Erteilung einer Abstellgenehmigung ohne weitere Nachricht nach Ablegen an der bezeichneten Stelle als zugestellt gilt, benachteiligt den Empfänger unangemessen. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 07.04.2022 entschieden. Unproblematisch sei es aber, wenn das Weisungsrecht des Versenders durch den Transporteur vollständig abbedungen werde. Im Massengeschäft hätte die Berücksichtigung nachträglicher Weisungen Nachteile für den Paketbetrieb zur Folge und beeinträchtigte die Schnelligkeit der Transporte.

Klage eines Verbraucherschutzvereins

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V. hatte einen Paketdienst verklagt, die Verwendung einzelner Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu unterlassen. Die Verrbaucherzentrale monierte unter anderem folgende Klauseln: "2.3 Weisungen, die nach Übergabe der Pakete vom Versender erteilt worden sind, müssen nicht befolgt werden. 3.4 [...] Bei Verdacht auf das Vorliegen von Verstößen gegen Beförderungsausschlüsse […] ist G. zur Öffnung der Pakete berechtigt. 2.5.5 Hat der Empfänger G. eine Abstellgenehmigung erteilt, gilt das Paket als zugestellt, wenn es an der in der Genehmigung bezeichneten Stelle abgestellt worden ist." Im Juni 2017 hatte der gemeinnützige Verein den Transporteur erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert, da die beanstandeten Klauseln im Rechtsverkehr mit Verbrauchern unwirksam seien. Sie benachteiligten die Empfänger unangemessen. Sowohl das Landgericht Frankfurt am Main als auch das dortige Oberlandesgericht gaben der Klage überwiegend statt. Die Revisionen beider Parteien beim BGH waren teilweise erfolgreich (Az.: I ZR 212/20).

Unzulässige Benachteiligung des Verbrauchers

Dem I. Zivilsenat zufolge steht dem Verein ein Unterlassungsanspruch aus § 1 UKlaG in Verbindung mit §§ 307 bis 309 BGB zu, so auch hinsichtlich der Klausel Nr. 2.5.5 ("Abstellgenehmigung"). Sie verstoße gegen das Verbot, den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen zu benachteiligen, weil sie nicht vorsehe, dass der Empfänger von der Bereitstellung des Pakets an der Ablieferungsstelle und dem Zeitpunkt der Abstellung in Kenntnis gesetzt werde. Zwar sei die in Klausel 2.5.5 vorgesehene Form der Zustellung von Paketen grundsätzlich zulässig (§ 3 Nr. 3 Post-Universaldienstleistungsverordnung). Dort sei aber nicht festgelegt, in welcher Weise die Zustellung in einem solchen Fall zu erfolgen habe. Dadurch, dass sich die Beklagte nicht verpflichte, den Empfänger von der erfolgten Abstellung zu unterrichten, befreie sie sich einseitig von sämtlichen Risiken und trage den Interessen von Absender und Empfänger nicht im gebotenen Umfang Rechnung, kritisiert der BGH.

Preiswertes Massengeschäft

Laut den Karlsruher Richtern ist jedoch die Klausel mit vollständiger Abbedingung des Weisungsrechts des Versenders gegenüber Verbrauchern im Massengeschäft (bei kurzer Beförderungsdauer, möglichst innerhalb von 24 Stunden, zu niedrigen Preisen) wirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 u. Nr. 2 BGB). Es liege auf der Hand, dass die Prüfung nachträglicher Weisungen bei einer Vielzahl von Absendern und Paketsendungen Nachteile für den Betrieb zur Folge haben würde und die Schnelligkeit der Transporte beeinträchtige.

Postgeheimnis

Die Befugnis zur Öffnung von Paketen schließlich stelle einen Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften zur Wahrung des Briefgeheimnisses aus § 39 PostG. Absatz 4 der Norm enthalte Ausnahmefälle, in denen eine Öffnung erlaubt sei – die vertragliche Bestimmung sei jedoch wesentlich weitergehend. Aus Sicht des I. Zivilsenats erlaubt die Klausel ohne zwingenden Grund einen Eingriff in das mit Blick auf Art. 10 GG auszulegende Postgeheimnis.

BGH, Urteil vom 07.04.2022 - I ZR 212/20

Redaktion beck-aktuell, 29. April 2022.