Wirksamer Vollstreckungsauftrag durch Nachreichen einer Vollmacht

Die fehlende Vertretungsmacht eines Inkassodienstleisters, der von einem Gläubiger mit der Beantragung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beauftragt wurde, führt nicht zur Nichtigkeit der erlassenen Vollstreckungsmaßnahme. Sie ist laut Bundesgerichtshof anfechtbar und kann durch nachträgliche Vorlage geheilt werden. Der Schutz des Schuldners erfordere keine andere Entscheidung.

Inkassovollmacht der Gläubigerin lag nicht von Anfang an vor

Ein Schuldner wehrte sich gegen die Aufhebung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Diesen hatte das Amtsgericht Memmingen am 30.01.2017 auf Antrag einer Inkassodienstleisterin erlassen. Die Inkassodienstleisterin vertrat die Gläubigerin, welche die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner aus einem Urteil aus 2002 in Höhe von 5.530 Euro betrieb. Dagegen legte der Schuldner erfolglos Erinnerung ein. Er monierte per sofortiger Beschwerde, dass kein wirksamer Vollstreckungsauftrag vorgelegen habe, da die Inkassodienstleisterin dem Antrag keine Vollmacht der Gläubigerin beigefügt hatte. Das AG war anderer Ansicht und legte das Gesuch dem Landgericht Memmingen vor. Dort reichte die Inkassofirma eine Inkassovollmacht der Gläubigerin vom 06.02.2018 im Original ein. Das LG wies die sofortige Beschwerde zurück, da die Vorlage einer Vollmacht nach § 80 ZPO bei einem Inkassobüro grundsätzlich nicht notwendig sei. Die Wirksamkeit der Vollmacht für vergangene Handlungen sei durch die aktuelle Vollmacht hinreichend nachgewiesen, § 89 Abs. 2 ZPO. Die Rechtsbeschwerde des Schuldners beim BGH hatte im Ergebnis keinen Erfolg.

Heilung des Formmangels

Dem VII. Zivilsenat zufolge hat das LG dem Gesuch des Schuldners, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufzuheben, zu Recht nicht entsprochen. Der Mangel der fehlenden Vollmachtsvorlage sei geheilt. Entgegen der Auffassung des LG hatte die Inkassodienstleisterin laut BGH ihre Bevollmächtigung bei Antragstellung durch Vorlage einer Vollmacht nachzuweisen, §§ 828, 88 Abs. 2, 80 ZPO. Zwar seien bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen Inkassodienstleister, die als Bevollmächtigte nach § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ZPO auftreten, nach § 753a ZPO von der Vollmachtsvorlage befreit, sofern sie ihre ordnungsgemäße Bevollmächtigung versicherten. Diese Sonderregelung habe aber zum Antragszeitpunkt noch nicht gegolten, denn die Vorschrift sei erst zum 01.01.2021 in Kraft getreten. Dem Erlass stand den obersten Zivilrichtern zufolge zwar ursprünglich entgegen, dass die in Vertretung handelnde Inkassodienstleisterin dem Antrag keinen Nachweis ihrer Vollmacht beigefügt hatte. Dieser nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit führende Verfahrensfehler sei jedoch durch Vorlage der Vollmacht der Gläubigerin vom 06.02.2018 im Beschwerdeverfahren geheilt worden (§ 80 Satz 2 ZPO). Belange des Schuldners stünden dem nicht entgegen. So könne er sich gegen den Beschluss des Vollstreckungsgerichts wehren und eine vollmachtlose Beantragung durch einen Dritten sei eher unwahrscheinlich.

BGH, Beschluss vom 04.05.2022 - VII ZB 18/18

Redaktion beck-aktuell, 29. Juni 2022.