Wirk­sa­mer for­mu­lar­mä­ßi­ger Ein­re­de­ver­zicht bei Bürg­schaft

Der for­mu­lar­mä­ßi­ge Aus­schluss der Ein­re­de der An­fecht­bar­keit im Bürg­schafts­ver­trag be­nach­tei­ligt einen Bür­gen nicht un­an­ge­mes­sen. Der Ban­ken­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs hat in einer Bau­sa­che die Ver­ur­tei­lung der bür­gen­den Ver­si­che­rung be­stä­tigt. Eine Ver­gleich­bar­keit mit dem – ver­bo­te­nen – Aus­schluss der Auf­rech­nung für rechts­kräf­ti­ge For­de­run­gen be­stehe nicht.

Ein­be­halt ab­ge­löst

Eine Ver­si­che­rung wehr­te sich über drei In­stan­zen gegen die Zah­lung einer Bürg­schaft. Ein Bau­un­ter­neh­men und ihre Auf­trag­ge­be­rin hat­ten 2013 einen Ein­be­halt vom Werk­lohn in Höhe von 5% ver­ein­bart. Die Leis­tung wurde Ende 2013 ab­ge­nom­men, und 2015 löste die Firma den rest­li­chen Werk­lohn durch eine selbst­schuld­ne­ri­sche Bürg­schaft der Ver­si­che­rung ab. Dabei ak­zep­tier­te diese den zwi­schen den Bau­ver­trags­par­tei­en for­mu­lar­mä­ßig ver­ein­bar­ten teil­wei­sen Ein­re­de­ver­zicht: "Auf die Ein­re­den der An­fech­tung, der Auf­rech­nung sowie der Vor­aus­kla­ge gemäß den §§ 770, 771 BGB wird ver­zich­tet. Der Ver­zicht auf die Ein­re­de der Auf­re­chen­bar­keit gilt nicht für un­be­strit­te­ne oder rechts­kräf­tig fest­ge­stell­te Ge­gen­for­de­run­gen des Haupt­schuld­ners." Nach­dem 2017 dann Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che von rund 400.000 Euro im Raum stan­den, for­der­te die Bau­her­rin die Aus­zah­lung der Bürg­schafts­sum­me von fast 19.000 Euro. Die Bür­gin be­rief sich dar­auf, dass die Ab­re­de im Bau­ver­trag durch den Ver­zicht un­wirk­sam ge­we­sen sei. Mit die­ser An­sicht stieß sie aber weder beim LG Wies­ba­den noch beim OLG Frank­furt a.M. auf of­fe­ne Ohren. Der BGH be­stä­tig­te die Vor­in­stan­zen.

Ge­ring­fü­gi­ger Ein­griff

Die Karls­ru­her Rich­ter re­fe­rie­ren aus­führ­lich die frü­he­re Recht­spre­chung zum The­men­kom­plex des Ein­re­de­ver­zichts in Bürg­schafts­ab­re­den durch AGB und kamen zu dem Schluss, dass eine un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht vor­liegt. Bei Aus­schluss der Ein­re­de der An­fecht­bar­keit fehle es schon an einem ins Ge­wicht fal­len­den Nach­teil für den Bür­gen. Die An­fecht­bar­keit des Bau­ver­trags könne nur bei arg­lis­ti­ger Täu­schung zu einem Schwe­be­zu­stand von ma­xi­mal einem Jahr (Frist des § 124 BGB) füh­ren. Hier stehe aber un­ab­hän­gig von ver­trag­li­chen Ab­spra­chen die Arg­li­s­tein­re­de aus §§ 768 Abs. 1 S. 1, 853 BGB als Schutz zur Ver­fü­gung. Im Üb­ri­gen könne nicht ver­hin­dert wer­den, dass der Haupt­schuld­ner die An­fech­tungs­frist ver­strei­chen lasse. Er­wä­gun­gen aus der Li­te­ra­tur, die hier zu an­de­ren Er­geb­nis­sen kamen, er­teil­ten die Bun­des­rich­ter eine Ab­sa­ge: Weder könne man die Recht­spre­chung zum Ver­bot der Auf­rech­nung mit rechts­kräf­ti­gen For­de­run­gen über­tra­gen, noch führe die feh­len­de Schutz­be­dürf­tig­keit eines be­trü­ge­ri­schen Auf­trag­ge­bers zur Un­wirk­sam­keit: Eine Täu­schung des Bau­un­ter­neh­mens schla­ge nicht auf die Wirk­sam­keit der Bürg­schafts­ab­re­de durch.

BGH, Urteil vom 25.01.2022 - XI ZR 255/20

Redaktion beck-aktuell; Michael Dollmann, Mitglied der NJW-Redaktion, 24. Februar 2022.