Wirksame Berufungseinlegung durch Streithelfer

Der Streithelfer kann für die Hauptpartei bis zur rechtskräftigen Zurückweisung seines Beitritts wirksam Berufung einlegen. Das hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 26.06.2020 entschieden. Denn die Prozesshandlungen behielten aus Gründen des Vertrauensschutzes auch nach späterer Ablehnung ihre Wirksamkeit.

Unwirksamer Beitritt

Die Eigentümerin eines Geschäftshauses verlangte vom Betreiber einer LED-Werbeanlage auf dem Nachbarhaus Unterlassung des Anlagenbetriebs und Schadensersatz wegen Mietausfall. Ihre Mieterin fühlte sich durch das Licht gestört und hatte die Miete gemindert. Das Landgericht Rostock wies die Klage ab. In erster Instanz hatte die Vermieterin ihrer Bewohnerin den Streit verkündet. Diese trat nach Erlass des Urteils dem Rechtsstreit bei und legte Berufung für ihre Vertragspartnerin ein. Die "Berufung der Nebenintervenientin" verwarf das OLG Rostock als unzulässig: Der Beitritt der Mieterin sei unwirksam, weil ihr das notwendige rechtliche Interesse für eine Nebenintervention nach § 66 Abs. 1 ZPO fehle.

BGH: Prozesshandlungen behalten Wirksamkeit

Der BGH hat die Sache an das OLG Rostock zurückverwiesen. Die Vermieterin sei durch das Berufungsurteil beschwert, obwohl sie sich an dem Verfahren nicht beteiligt und nur die Streithelferin Berufung eingelegt habe. Aus Sicht der Karlsruher Richter ist das Rechtsmittel eines einfachen Streithelfers stets ein Rechtsmittel für die Hauptpartei, ohne dass er dabei selbst in eine Parteirolle gelangt. Er könne ungeachtet der Vorschrift des § 66 Abs. 1 ZPO Berufung einlegen, solange die Nebenintervention nicht rechtskräftig für unzulässig erklärt worden sei. Seine Prozesshandlungen behielten auch nach Rechtskraft der Zurückweisungsentscheidung ihre Wirksamkeit. Schließlich darf der Unterstützte, so der BGH, darauf vertrauen, dass die Wirkungen der Prozesshandlungen nicht nachträglich entfallen.

BGH, Urteil vom 26.06.2020 - V ZR 106/19

Redaktion beck-aktuell, 21. Juli 2020.