Strafanzeige wegen des Verdachts der Marktmanipulation
Ein Kleinanleger machte gegen eine Wertpapierhandelsbank Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung in Höhe von rund 15.700 Euro geltend. Im Rahmen des deutschen Börsengangs der schwedischen Aktiengesellschaft "Trig Social Media AB" hatte die Bank das Unternehmen als "Listing Agent" und "Beraterin des Prospekts" begleitet. Im September 2014 ließ die Frankfurter Wertpapierbörse die TSM-Aktien zum Handel zu. Ein erster mit dem Unternehmen abgestimmter Ausgabepreis ("indikativer Quote") lag zwischen 2,81 Euro und 3,15 Euro. Der Anleger erwarb im Januar 2015 3.000 Aktien für 9.500 Euro und im April 2015 weitere 2.000 Aktien zum Preis von 6.200 Euro. Im Juni 2015 erstattete die BaFin Strafanzeige wegen des Verdachts der Marktmanipulation. Der Kläger warf dem Bankhaus vor, durch den "ersten indikativen Quote" zur stark überhöhten Darstellung des Aktienwerts beigetragen und ihn dadurch zur Eingehung chancenloser Geschäfte verleitet zu haben.
Einzelrichterin am OLG entscheidet allein
Beim LG Frankfurt am Main scheiterte sein Anliegen. Das sah die Einzelrichterin am dortigen OLG, der die Sache zur Entscheidung übertragen wurde, anders und gab ihm Recht. Die Beklagte habe Beihilfe zu einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung des Klägers durch den Vorstand des Börsenneulings geleistet. Die Einzelrichterin ließ zwar die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu, schließlich seien an ihrem Gericht Parallelverfahren anhängig oder schon entschieden worden, verneinte aber eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Dagegen legte die Beklagte erfolgreich die Revision beim BGH ein.
Innendivergenz im Senat
Dem III. Zivilsenat zufolge ist die Sache schon deshalb ans OLG zurückzuverweisen, weil das Urteil unter Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist. Die Einzelrichterin hätte das Verfahren nach § 526 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO dem Berufungssenat zur Übernahme vorlegen müssen. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung am 16.12.2021 bestand innerhalb des OLG-Senats eine Divergenz hinsichtlich der Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Während die Einzelrichterin das Vorgehen der Beklagten als vorsätzliche Beihilfe zu den Manipulationen des Vorstands beurteilt habe, sei der Berufungssenat in seinem Beschluss vom 28.10.2021 im Parallelverfahren (Az.: 3 U 133/21) insoweit lediglich von Fahrlässigkeit ausgegangen. Auch die weitere Voraussetzung für die Rückgabe einer Sache an den vollbesetzten Spruchkörper, dass der nach § 526 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO maßgebliche Umstand nach der Übertragung auf den Einzelrichter eingetreten sei, ist dem BGH zufolge erfüllt. Vor Übertragung an die Einzelrichterin habe der Senat in der Parallelsache lediglich einen Hinweis mit seiner vorläufigen Einschätzung erteilt. Die Sache nicht dem Berufungssenat vorzulegen, sei objektiv willkürlich gewesen. Diese Entscheidung habe eine unhaltbare Verkürzung der Verteidigungsmöglichkeiten der Beklagten - sowie auch der Angriffsmittel des Klägers - zur Folge. Die Zulassung der Revision gleiche dies nicht aus, da die tatrichterliche Würdigung eingeschränkt sei. Der Verstoß sei ungeachtet von § 526 Abs. 3 ZPO aufgrund der Willkür von Amts wegen zu berücksichtigen.