Formunwirksam eingelegt
In zwei am gleichen Tag veröffentlichen Entscheidungen des 5. (5 StR 375/22) und 6. Strafsenats (6 StR 268/22) wiesen die Revisionen zunächst Formfehler auf: Im ersten Verfahren wegen versuchten Mordes war die Begründungsschrift per Fax und im Original übersandt worden. Der Anwalt erfuhr nach eigenen Angaben erst in einem Telefonat mit dem Kammervorsitzenden des Landgerichts Hamburg hiervon. Noch am gleichen Tag wiederholte er die Übersendung per beA und teilte mit, dass es sich um ein Kanzleiversehen gehandelt habe. Im zweiten Fall hatte das LG Regensburg den Angeklagten wegen Beihilfe zum Drogenhandel zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Direkt im Anschluss an die Verhandlung wurde der Verteidiger mit der Einlegung der Revision beauftragt. Eine Woche später, am 23.02.2022, legte er diese per Fax ein. Hier erfuhr der Angeklagte am 04.07.2022 durch ein Schreiben des Generalbundesanwalts von der Formunwirksamkeit. Einen Tag später beantragte der Verteidiger die Wiedereinsetzung. Diese gewährte ihm der BGH – wie im vorigen Fall auch.
Ordnungsgemäß nachgeholt
Die Leipziger Richter waren sich einig, dass in beiden Verfahren das Verschulden beim Verteidiger beziehungsweise bei dessen Büro zu suchen war. Im Strafrecht sei davon auszugehen, dass Verteidigerverschulden kein Verschulden des Angeklagten nach § 44 StPO sei. Kritisch merkte der 5. Strafsenat allerdings an, dass die Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung eigentlich Ausführungen dazu enthalten müsse, wann der Angeklagte Kenntnis vom Problem erhalten hat. Wann der Anwalt davon erfahren habe, sei dagegen irrelevant. Allerdings hatte der Angeklagte insoweit Glück, als er – wie sein Vertreter – frühestens am Tag des Telefonats mit dem Vorsitzenden vom Formfehler hätte hören können, wodurch die Einlegung am gleichen Tag jedenfalls rechtzeitig war. Verbunden war in diesem Fall die Wiedereinsetzung jedoch mit der Verwerfung der Revision als unbegründet.