BGH: Wi­der­spruch gegen eine im An­trags­mo­dell ab­ge­schlos­se­ne Ren­ten­ver­si­che­rung nach Ver­trags­über­nah­me

VVG a. F. §§ 5a II 4, 8 V 1 und 4; ZPO § 552a Satz 1

Will der Ver­si­che­rungs­neh­mer nach Ver­trags­über­nah­me oder Ver­trags­über­gang mit einem Wi­der­spruch gemäß § 5a VVG a. F. den Ver­trag ins­ge­samt und nicht nur des­sen Über­nah­me oder Über­gang zu Fall brin­gen, kommt es auf die Um­stän­de bei Ver­trags­be­grün­dung an. Der Bun­des­ge­richts­hof hat nun ent­schie­den, dass der Wi­der­spruch ins Leere geht, wenn der Ver­trag im An­trags­mo­dell ge­schlos­sen wurde. Wei­ter ent­schied das Ge­richt, dass die Zu­las­sung der Re­vi­si­on nicht auf ein Rück­tritts­recht ge­stützt wer­den kann, wenn das Rechts­mit­tel wirk­sam auf den aus einem Wi­der­spruch ab­ge­lei­te­ten An­spruch be­schränkt ist.

BGH, Ur­teil vom 23.03.2017 - IV ZR 365/13 (OLG Ham­burg), BeckRS 2017, 106160

An­mer­kung von
Rechts­an­walt Hol­ger Grams, Fach­an­walt für Ver­si­che­rungs­recht, Mün­chen

Aus beck-fach­dienst Ver­si­che­rungs­recht 8/2017 vom 20.04.2017

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Sach­ver­halt

Der Klä­ger be­gehrt vom be­klag­ten Ver­si­che­rer die Rück­zah­lung der Ver­si­che­rungs­prä­mi­en einer fonds­ge­bun­de­nen Ren­ten­ver­si­che­rung. Die Ver­si­che­rung war 2001 vom da­ma­li­gen Ar­beit­ge­ber des Klä­gers mit die­sem als ver­si­cher­ter Per­son ab­ge­schlos­sen wor­den. Dem Ver­si­che­rungs­an­trag, der eine Rück­tritts­be­leh­rung ent­hielt, waren die Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen und um­fang­rei­che In­for­ma­tio­nen bei­ge­fügt. Für den Fall der Be­en­di­gung des Ar­beits­ver­hält­nis­ses war – vom Klä­ger mit un­ter­zeich­net – ge­re­gelt, dass die Ver­si­che­rungs­neh­mer-Ei­gen­schaft au­to­ma­tisch auf den Klä­ger über­geht.

Nach Be­en­di­gung des Ar­beits­ver­hält­nis­ses un­ter­zeich­ne­te der Klä­ger 2003 zu­sätz­lich ein For­mu­lar «Wech­sel des Ver­si­che­rungs­neh­mers», wor­auf­hin ein neuer Ver­si­che­rungs­schein auf den Klä­ger als Ver­si­che­rungs­neh­mer aus­ge­stellt wurde. 2012 kün­dig­te der Klä­ger die Ver­si­che­rung und er­hielt den Rück­kaufs­wert aus­be­zahlt. 2013 er­klär­te er unter an­de­rem den «Wi­der­spruch gemäß §§ 5a, 8 VVG a.F.». Er macht unter an­de­rem gel­tend, ihm sei bei Über­nah­me der Ver­si­che­rung im Jahr 2003 keine Wi­der­spruchs­be­leh­rung im Sinn von § 5a VVG a.F. er­teilt wor­den. Die Klage war in den Vor­in­stan­zen er­folg­los. Der BGH wies die vom OLG zu­ge­las­se­ne Re­vi­si­on des Klä­gers nach § 552a Satz 1 ZPO zu­rück.

Recht­li­che Wer­tung

Die Vor­aus­set­zun­gen für die Zu­las­sung der Re­vi­si­on lägen nicht vor, ent­schied der BGH, und die Re­vi­si­on habe auch keine Aus­sicht auf Er­folg. Es könne da­hin­ste­hen, ob das Ver­si­che­rungs­ver­hält­nis 2003 au­to­ma­tisch oder im Weg einer ech­ten Ver­trags­über­nah­me auf den Klä­ger über­ge­gan­gen sei. Auch im letz­te­ren Fall habe ein et­wai­ges Wi­der­spruchs­recht des Klä­gers nicht das ur­sprüng­li­che Zu­stan­de­kom­men des Ver­trags im Jahr 2001 rück­wir­kend be­sei­ti­gen kön­nen. Die Wi­der­spruchs­er­klä­rung des Klä­gers be­zie­he sich er­kenn­bar auf den Ver­trag als sol­chen und nicht bloß auf des­sen Über­nah­me. Dem­entspre­chend ver­lan­ge der Klä­ger auch sämt­li­che Prä­mi­en zu­rück, auch die von sei­nem Ar­beit­ge­ber ge­leis­te­ten.

Auf ein mög­li­cher­wei­se auf den Klä­ger über­ge­gan­ge­nes Rück­tritts­recht nach § 8 Abs. 5 Satz 1 VVG a.F. könne er sich je­den­falls des­we­gen nicht be­ru­fen, weil in­so­fern die Re­vi­si­on vom Be­ru­fungs­ge­richt nicht zu­ge­las­sen wor­den sei. Das Be­ru­fungs­ge­richt habe die Zu­las­sung ein­deu­tig und wirk­sam auf den aus dem Wi­der­spruch ab­ge­lei­te­ten Be­rei­che­rungs­an­spruch be­schränkt. Denn die Frage der Wirk­sam­keit von § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a. F. habe der Senat be­reits ab­schlie­ßend ge­klärt (BGH, Ur­teil vom 07.05.2014 – IV ZR 76/11, r+s 2014, 340, An­mer­kung Grams in FD-VersR 2014, 358482).

Pra­xis­hin­weis

Mit vor­aus­ge­gan­ge­nem Be­schluss vom 21.12.2016 (BeckRS 2016, 118153) hatte der BGH auf die be­ab­sich­tig­te Zu­rück­wei­sung der Re­vi­si­on hin­ge­wie­sen. Dort hat der Senat aus­ge­führt, dass der Klä­ger nicht ver­gleich­bar schutz­be­dürf­tig sei wie je­mand, der einen neuen Ver­si­che­rungs­ver­trag ab­schlie­ßt, da die Aus­wahl­ent­schei­dung hin­sicht­lich des Ver­si­che­rers und des Pro­dukts im Zeit­punkt des Wech­sels der Ver­si­che­rungs­neh­mer-Ei­gen­schaft be­reits ge­fal­len war.

Redaktion beck-aktuell, 8. Mai 2017.

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