Wi­der­rufs­recht bei Ver­trag über Lie­fe­rung und Mon­ta­ge eines Kur­ven­trep­pen­lifts
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Ver­trä­ge über die Lie­fe­rung und Mon­ta­ge eines Kur­ven­trep­pen­lifts, für den eine pas­sen­de Lauf­schie­ne an­ge­fer­tigt und in das Trep­pen­haus des Kun­den ein­ge­passt wer­den muss, stel­len Werk­ver­trä­ge dar, so­dass Ver­brau­chern bei Ver­trags­ab­schluss au­ßer­halb von Ge­schäfts­räu­men ein 14-tä­gi­ges Wi­der­rufs­recht zu­steht, über das sie zu in­for­mie­ren sind. Dies hat der Bun­des­ge­richts­hof ent­schie­den.

Wi­der­rufs­recht bei Kur­ven­trep­pen­lift?

Die Be­klag­te ver­treibt Kur­ven­trep­pen­lif­te. Dabei han­delt es sich um Trep­pen­lif­te mit Schie­nen, die in­di­vi­du­ell an die im Trep­pen­haus zu be­fah­ren­den Kur­ven an­ge­passt wer­den. Die Be­klag­te teilt Ver­brau­chern be­züg­lich der Kur­ven­trep­pen­lif­te mit, dass - außer für ein be­stimm­tes Mo­dell - kein ge­setz­li­ches Wi­der­rufs­recht be­stehe. Die Klä­ge­rin, eine Ver­brau­cher­zen­tra­le, ver­trat die An­sicht, dass ein Wi­der­rufs­recht be­stehe und sah in dem Ver­hal­ten der Be­klag­ten einen Ver­stoß gegen das Wett­be­werbs­recht. Sie nahm die Be­klag­te des­halb auf Un­ter­las­sung in An­spruch. Das Land­ge­richt wies die Klage ab. Das Ober­lan­des­ge­richt wies die Be­ru­fung der Klä­ge­rin zu­rück. Das OLG ver­nein­te einen Un­ter­las­sungs­an­spruch, weil im Streit­fall kein Wi­der­rufs­recht des Ver­brau­chers be­stehe. Die Klä­ge­rin ging an­schlie­ßend in Re­vi­si­on.

BGH: Wi­der­rufs­recht und In­for­ma­ti­ons­pflicht

Die Re­vi­si­on hatte Er­folg. Der BGH hat das OLG-Ur­teil auf­ge­ho­ben und die Be­klag­te zur Un­ter­las­sung ver­ur­teilt. Die Wer­bung der Be­klag­ten mit der An­ga­be, im Falle eines Kur­ven­trep­pen­lifts mit in­di­vi­du­ell ge­form­ten und an die Ge­ge­ben­hei­ten vor Ort an­ge­pass­ten Lauf­schie­nen be­stehe kein Wi­der­rufs­recht des Ver­brau­chers, be­grün­de eine Erst­be­ge­hungs­ge­fahr für einen Ver­stoß gegen die als Markt­ver­hal­tens­re­ge­lun­gen im Sinne des § 3a UWG ein­zu­stu­fen­den Vor­schrif­ten des § 312d Abs. 1 BGB und Art. 246a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB, nach denen über das nach § 312g Abs. 1 BGB be­stehen­de Wi­der­rufs­recht zu in­for­mie­ren sei.

Wi­der­rufs­recht nicht aus­ge­schlos­sen, da Werk­ver­trag

Laut BGH ist das Wi­der­rufs­recht des Ver­brau­chers nach § 312g Abs. 1 BGB im Streit­fall ent­ge­gen der An­sicht des OLG nicht gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB aus­ge­schlos­sen. Der Be­griff der "Ver­trä­ge zur Lie­fe­rung von Waren" im Sinne die­ser Vor­schrift sei mit Blick auf Art. 16 Buchst. c der Richt­li­nie 2011/83/EU über die Rech­te der Ver­brau­cher da­hin­ge­hend richt­li­ni­en­kon­form aus­zu­le­gen, dass dazu Kauf­ver­trä­ge (§ 433 BGB) und Werk­lie­fe­rungs­ver­trä­ge (§ 650 BGB), aber weder Dienst­ver­trä­ge (§ 611 BGB) noch - je­den­falls im Re­gel­fall - Werk­ver­trä­ge (§ 631 BGB) zäh­len. Die im Streit­fall er­folg­te Wer­bung sei auf den Ab­schluss eines § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht un­ter­fal­len­den Werk­ver­trags ge­rich­tet, so die Karls­ru­her Rich­ter.

Ab­gren­zung von Werk­lie­fe­rungs­ver­trä­gen und Werk­ver­trä­gen

Für die Ab­gren­zung von Kauf- und Werk­lie­fe­rungs­ver­trä­gen ei­ner­seits und Werk­ver­trä­gen an­de­rer­seits kommt es laut BGH dar­auf an, auf wel­cher der Leis­tun­gen bei der ge­bo­te­nen Ge­samt­be­trach­tung der Schwer­punkt liege. Be­zo­gen auf den Streit­fall nimmt der BGH hier an, dass der Schwer­punkt des an­ge­streb­ten Ver­trags nicht auf der mit dem Wa­ren­um­satz ver­bun­de­nen Über­tra­gung von Ei­gen­tum und Be­sitz am zu lie­fern­den Trep­pen­lift liege, son­dern auf der Her­stel­lung eines funk­ti­ons­taug­li­chen Werks, das zu einem we­sent­li­chen Teil in der An­fer­ti­gung einer pas­sen­den Lauf­schie­ne und ihrer Ein­pas­sung in das Trep­pen­haus des Kun­den liegt. Auch der hier­für, an den in­di­vi­du­el­len An­for­de­run­gen des Be­stel­lers aus­ge­rich­te­te, er­for­der­li­che Auf­wand spre­che daher für das Vor­lie­gen eines Werk­ver­trags, so der BGH.

Ein­bau des Lifts steht im Vor­der­grund

Bei der Be­stel­lung eines Kur­ven­trep­pen­lifts, der durch eine in­di­vi­du­ell er­stell­te Lauf­schie­ne auf die Wohn­ver­hält­nis­se des Kun­den zu­ge­schnit­ten werde, stehe für den Kun­den nicht die Über­eig­nung, son­dern der Ein­bau eines Trep­pen­lifts als funk­ti­ons­fä­hi­ge Ein­heit im Vor­der­grund, für des­sen Ver­wirk­li­chung die Lie­fe­rung der Ein­zel­tei­le einen zwar not­wen­di­gen, aber un­ter­ge­ord­ne­ten Zwi­schen­schritt dar­stel­le, so der BGH.

BGH, Urteil vom 20.10.2021 - I ZR 96/20

Redaktion beck-aktuell, 20. Oktober 2021.

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