Rentenversicherung contra Kammer
Ein Anwalt war als Geschäftsführer bei einer GmbH angestellt. Fast zwei Jahre nach seinem Antrag auf Zulassung als Syndikusanwalt erhielt er am 13.11.2019 von der zuständigen Rechtsanwaltskammer einen positiven Bescheid. Zwei Monate später bekam er die Urkunde. Nur wenige Tage danach teilte er der Kammer mit, dass er auf seine Rechte aus der Zulassung "mit Ablauf des 31.01.2020" verzichte, weil er in ein Anstellungsverhältnis mit einem anderen Unternehmen wechseln wolle. Daraufhin widerrief die Kammer den Zulassungsbescheid "zum 03.02.2020" - dem Tag des Eingangs der Verzichtserklärung. Die Deutsche Rentenversicherung forderte vor dem Anwaltsgerichtshof Berlin vergeblich die Aufhebung des Zulassungsbescheids. Die berufsständische Organisation sei nicht klagebefugt, da sich der Bescheid bereits erledigt habe. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung war beim BGH erfolgreich.
Wirkung des Widerrufs
Dem Anwaltssenat zufolge bestehen ernstliche Zweifel daran, ob der Anwaltsgerichtshof die Klage als unzulässig abweisen durfte. Die DRV Bund habe dargelegt, dass der Zulassungsbescheid für einen bestimmten Zeitraum Rechtsgrundlage für die von ihr vorzunehmende Befreiung des Anwalts von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht sein könnte. Dafür, dass sich der Bescheid nicht bereits durch die Verzichtserklärung erledigt habe, spricht laut BGH, dass die Zulassung zu widerrufen ist (§ 46b Abs. 2 Satz 1 in Verbindungmit § 14 Abs. 2 Nr. 4 BRAO), wenn der Anwalt auf die Rechte aus der Zulassung schriftlich verzichtet hat. Der Widerruf der Kammer sollte aus Sicht des Senats aber nur Wirkung für die Zukunft haben. Die Rechte aus der Zulassung sollten ab dem 03.02.2020 nicht mehr bestehen. Daher könne dem Verwaltungsakt für die Zeit vom 06.12.2017 bis 31.01.2020 noch eine Bindungswirkung zukommen und unmittelbare Auswirkungen auf die Rentenversicherungspflicht des Anwalts haben. Die Sozialversicherungsträgerin sei insoweit beschwert.