Warenähnlichkeit zwischen Fahrrädern und Kraftfahrzeugen

Fahrräder und Kraftfahrzeuge können im markenrechtlichen Sinne ähnlich sein. Dafür genügt laut Bundesgerichtshof zwar nicht allein der Umstand, dass Autohersteller Lizenzen für weitere Produkte vergeben oder Fahrräder in Kooperation mit Fahrradherstellern anbieten. Gehe die Öffentlichkeit aber von einem Know-how-Transfer solcher funktionsverwandter Produkte aus, könne dies für eine Verwechslungsgefahr sprechen.

Markeninhaberin sieht ihre älteren Markenrechte verletzt

Die Inhaberin der Marke "PEARL" mit Sitz in Südafrika verlangte von einer Tochterfirma des Autokonzerns Peugeot die Unterlassung der Bezeichnung "PURE PEARL" wegen Verletzung älterer Markenrechte. Die Marke der Südafrikanerin - seit 2003 in Deutschland und seit 2008 unionsweit eingetragen - war für Fahrräder, die Marke des französischen Unternehmens seit 2013 für Kraftfahrzeuge eingetragen. Im November 2013 stellte die Inhaberin der älteren Marke fest, dass Peugeot im Namen des Mutterkonzerns die Marke "PURE PEARL" angemeldet hatte und Autos der Marke Citroën mit dieser Bezeichnung vertrieb. Auf den Wagen selbst war die Bezeichnung "Pure Pearl" nicht angebracht. Das LG Hamburg gab der Klage statt. Die Berufung der Tochterfirma war vor dem OLG Hamburg erfolgreich, weil zwischen Fahrrädern und Kraftfahrzeugen keine Warenähnlichkeit und damit keine Verwechslungsgefahr bestehe. Dagegen legte die südafrikanische Markeninhaberin Revision ein - mit Erfolg.

BGH: Warenähnlichkeit ist klärungsbedürftig

Der BGH verwies die Sache am 15.10.2020 an das OLG zurück. Nach seiner Ansicht besteht keine "absolute Warenunähnlichkeit" zwischen Fahrrädern und Kraftfahrzeugen. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit sei einzubeziehen, ob die Waren regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufwiesen, weil sie in denselben Verkaufsstätten angeboten werden. Dem I. Zivilsenat zufolge genügt für die Annahme einer Warenähnlichkeit nicht allein der Umstand, dass Hersteller von Kraftfahrzeugen Lizenzen für die Produktion weiterer Waren vergeben oder Fahrräder in Kooperation mit Fahrradherstellern anbieten. Das OLG müsse aber in seine Überlegungen einbeziehen, dass Peugeot selbst Fahrräder herstelle und andere Automobilfirmen für den Vertrieb ihrer Zweiräder aktiv Werbung mit ihrer Expertise im Kfz-Bau machten. Nach Ansicht der Karlsruher Richter können auch die zunehmende Technisierung, so durch E-Bikes, und der Wandel in der Mobilität zu einer wachsenden Vergleichbarkeit von Fahrrad und Pkw führen, so dass möglicherweise eine Verwechslungsgefahr besteht.

BGH, Urteil vom 15.10.2020 - I ZR 135/19

Redaktion beck-aktuell, 16. März 2021.