Vorsorgevollmacht versus Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt

Eine Vorsorgevollmacht ist nicht ausreichend, um eine Betreuung in Vermögensangelegenheiten mit Einwilligungsvorbehalt zu vermeiden. Der Bundesgerichtshof wies darauf hin, dass die Vollmacht die selbstständigen Geschäfte des Betroffenen nicht beeinträchtigt. Der Einwilligungsvorbehalt hingegen hindere den Betroffenen, eigenständig wirksame Geschäfte abzuschließen. Er bedürfe immer der vorherigen Einwilligung des Betreuers.

Zum Vermögensschutz Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt eingerichtet

Ein 85jähriger Mann mit einer leichten Demenz wurde Opfer von Betrügern und verlor viel Geld an sie. Deshalb wurde seine Frau zu seiner Betreuerin in Vermögensangelegenheiten bestimmt und ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, damit er seine Geschäfte nur mit der Einwilligung seiner Frau wirksam schließen kann. Sie war auch im Besitz einer Vorsorgevollmacht ihres Mannes. Als die Verlängerung der Betreuung anstand, versäumte es das Amtsgericht Offenbach, dem alten Mann einen Verfahrenspfleger zu bestellen. Gegen den Willen des Betroffenen wurde die Betreuung verlängert. Das Landgericht Darmstadt hat die Beschwerde des Mannes ohne seine erneute Anhörung abgewiesen. Auch der Verfahrenspfleger, den das Landgericht bestellt hatte, wurde nicht angehört. Daraufhin wandte sich der 85jährige mit der Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof – mit Erfolg.

Erneute Anhörung war Pflicht

Das Landgericht hätte nach § 278 Abs. 1 in Verbindung mit § 68 Abs. 3 Satz 1 und § 295 FamFG den Betroffenen vor der Verlängerung der Betreuung anhören müssen, um sich selbst einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen. Der BGH sieht nur dann von einer erneuten Anhörung ab, wenn die Anhörung im ersten Rechtszug ohne Verletzung zwingender Vorschriften vorgenommen worden war und keine neuen Erkenntnisse von einer erneuten Anhörung zu erwarten sind. Das Amtsgericht hatte aber entgegen § 276 Abs. 1 Satz 1 FamFG (jetzt § 276 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FamFG) keinen Verfahrenspfleger bestellt, so dass der Betreute in der ersten Instanz nicht fachkundig beraten war. Dem XII. Zivilsenat genügte es nicht, dass das Landgericht die Bestellung des Verfahrenspflegers nachgeholt hatte, es hätte auch sowohl den Betroffenen als auch seinen Verfahrenspfleger persönlich anhören müssen. Der Betroffene wurde nach Ansicht der Karlsruher Richter in seinem rechtlichen Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.

Vorsorgevollmacht zur Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts

Der BGH weist vorsorglich darauf hin, dass die Vorsorgevollmacht nicht ausreicht, um den Einwilligungsvorbehalt anzuordnen. Während der Einwilligungsvorbehalt die alleinigen Geschäftsabschlüsse ihres Mannes von vorneherein nicht wirksam werden lasse, hindere die Vollmacht den Betroffenen nicht an eigenen Geschäftsabschlüssen. Die Vorsorgevollmacht hat hinsichtlich seiner Willenserklärungen über sein Vermögen überhaupt keine Wirkung.

BGH, Beschluss vom 11.01.2023 - XII ZB 106/21

Redaktion beck-aktuell, 28. Februar 2023.