Diverse "Duz-Freundschaften"
Es kommt nicht oft vor, dass ein BGH-Richter sich selbst für befangen erklärt und seine Kollegen dies akzeptieren. Jüngst hatte es dies bei Klagen in Karlsruhe zu "Dieselgate" gegeben; auch einmal in einem Verfahren aus dem Insolvenzrecht. Nun traf es Ingo Drescher, Vorsitzender des für Gesellschaftsrecht zuständigen II. Zivilsenats. Alle weiteren sieben Richter und Richterinnen aus demselben Spruchkörper hatten sich ebenfalls selbst abgelehnt – etwa wegen diverser "Duz-Freundschaften" mit einigen der verklagten Rechtslehrer, aber auch mit dem Kläger, mit dem es in einem Fall zudem persönliche Kontakte wegen dessen politischer Tätigkeit gegeben habe. Viele hatten mit Hirtes Gegnern zudem über den laufenden Rechtsstreit gesprochen. Ein Richter war während seines Studiums von einem von ihnen für ein Stipendiat begutachtet worden. All dies erklärten der dafür zuständige XI. Zivilsenat hingegen beim Vize-Vorsitzenden und den anderen Mitgliedern für unbegründet. Die Vielfalt der Beziehungen ist wenig erstaunlich: Hirte ist neben seiner Beschäftigung mit dem Insolvenzrecht ein namhafter Experte für Aktien- und GmbH-Recht – genauso wie die Herausgeber der beiden Fachzeitschriften, die ihn rausgeworfen hatten, und die Urteilsfinder in dem für den gesellschaftsrechtlichen Konflikt Hirtes mit ihnen zuständigen BGH-Senat.
Gesellschaftsrechtler unter sich
Die Vorgeschichte: Sämtliche Mitherausgeber der "Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht" (ZGR) aus dem Verlag de Gruyter hatten Hirte aus ihrem Kreis ausgeschlossen. Er sieht den Grund darin, dass er für die ZGR und eine Tochterzeitschrift (European Company and Financial Law Review – ECFR) Selbstanzeige beim Finanzamt erstattet hatte. Denn der Verlag habe dem Geschäftsführenden Herausgeber Prof. Dr. Peter Hommelhoff Gelder für Unkosten überwiesen, auf die er hätte Steuern abführen müssen. Die übrigen Herausgeber wiesen dies zurück (NJW-aktuell H. 48/2017, 7). Für Unmut in deren Runde, in die der jetzige BVerfG-Präsident Stephan Harbarth nachgerückt ist, dürfte auch ein Interview Hirtes im Deutschlandfunk gesorgt haben, in dem er unter Namensnennung seine Vorwürfe wiederholte. Auf eine Frage des Moderators hin sagte er zudem, er habe damals erfahren, dass er selbst im Gespräch für das Amt in Karlsruhe gewesen sei. Das OLG Karlsruhe hat seine Klage im Kern abgeschmettert (NJW-aktuell H. 23/2021, 7). Der BGH muss sich nun mit Hirtes Nichtzulassungsbeschwerde dagegen befassen.