Vorschnelles Aufgeben der Faxübermittlung
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Scheitern mehrere Übermittlungsversuche eines fristgebundenen Schriftsatzes, darf ein Rechtsanwalt seine Zustellversuche nicht vorschnell am frühen Nachmittag aufgeben, nur weil er die Störung dem Gerichtsfax zuschreibt. Ansonsten versäumt er Fristen schuldhaft, so der Bundesgerichtshof. Der Jurist hätte es zu einem späteren Zeitpunkt erneut probieren müssen.

Übermittlungsversuche um 15.05 Uhr eingestellt

Ein Anleger verlangte Schadensersatz im Zusammenhang mit seinem Beitritt zu einem Fonds. Das LG Dessau-Roßlau hatte die Klage mit am 25.11.2020 zugestelltem Urteil abgewiesen. Dagegen legte er am 28.12.2020 Berufung ein, die einen Tag später nach Ablauf der Frist per Post beim OLG Naumburg einging. Zeitgleich beantragte er Wiedereinsetzung: Er teilte mit, sein damaliger Anwalt habe den Schriftsatz nicht per Fax übermitteln können. Dessen Mitarbeiterin hätte erfolglos unter anderem um 14.00 Uhr, 14.27 Uhr, 15.03 Uhr und 15.05 Uhr versucht, die Papiere per Fax an das OLG zu übermitteln. Als Vermerk auf den Protokollen mit der Überschrift "Fax fehlgeschlagen" sei der Hinweis "Keine Antwort" erschienen. Nachdem ihnen ein diensthabender Justizbediensteter auch nicht habe weiterhelfen können, habe der Jurist das Schriftstück sofort postalisch an das OLG versandt. Der Vorsitzende teilte mit, dass am 28.12.2020 zwischen 14.00 und 15.31 Uhr 15 Faxsendungen ordnungsgemäß eingegangen und fehlgeschlagene Übermittlungsversuche währenddessen nicht verzeichnet worden seien. Das letzte Fax sei um 23.23 Uhr fehlerfrei empfangen worden.

Die Naumburger Richter wiesen das Wiedereinsetzungsgesuch zurück und verwarfen die Berufung als unzulässig, da der Anleger weder dargelegt noch glaubhaft gemacht habe, dass sich seine Prozessbevollmächtigten in dem sich an die erfolglosen Übermittlungsversuche anschließenden Zeitraum von 15.05 Uhr bis 24.00 Uhr des 28.12.2020 bemüht hätten, die Rechtsmittelschrift an den Faxanschluss des OLG zu übermitteln. Auch die Rechtsbeschwerde hatte beim BGH keinen Erfolg.

Versuche hätten fortgeführt werden müssen

Der BGH bestätigte die Ansicht des OLG. Der Anwalt habe die Versuche, die Berufungsschrift an das Gericht per Telefax zu übermitteln, am Tag des Fristablaufs vorschnell bereits um 15.05 Uhr aufgegeben. Dass er nicht weitere Versuche unternommen, sondern stattdessen die Berufungsschrift noch am 28.12.2020 auf dem Postweg an das OLG versandt habe, sei ihm als – dem Geldanleger nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnender – schuldhafter Verstoß gegen die ihn treffende erhöhte Sorgfaltspflicht bei Übersendung eines Schriftsatzes am letzten Tag der Frist vorzuwerfen. Dem III. Zivilsenat zufolge war er gehalten, bis zum Fristablauf weitere Übermittlungsversuche zu unternehmen, um auszuschließen, dass die technischen Probleme in seinem Bereich liegen. Es sei jedenfalls nicht auszuschließen, dass im Fall eines nach 15.05 Uhr vorgenommenen Wiederholungsversuchs die Dokumente – wie auch mehrere Sendungen anderer Parteien – noch fristgerecht übermittelt worden wären.

BGH, Beschluss vom 26.08.2021 - III ZB 9/21

Redaktion beck-aktuell, 1. Oktober 2021.