Voraussetzung der Beihilfe zur Gläubigerbegünstigung durch Anwalt

Ein Anwaltsnotar, der seinem Mandanten zur Rettung eines Grundstücks im Insolvenzverfahren zur Güterstandsvereinbarung sowie zur Abgabe eines Schuldanerkenntnisses rät, kann sich wegen Beihilfe zur Gläubigerbegünstigung strafbar machen. Es bedarf allerdings einer bewertenden Betrachtung im Einzelfall. Das hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 21.07.2020 entschieden.

Rettung eines Grundstücks im Insolvenzverfahren

Der Versuch eines Ehepaars, durch ein notarielles Schuldanerkenntnis ein Grundstück vor der Verwertung zu bewahren, führte zu einem Strafverfahren gegen die Partner und einen sie beratenden Anwaltsnotar. Sie lebten in einer Zugewinngemeinschaft. Der Mann war im Grundbuch als Alleineigentümer des Hausgrundstücks eingetragen. Seine Frau unterstützte ihn beim Hausausbau mit einem Darlehen. Ab dem Jahr 2011 wurde er als ehemaliger Geschäftsführer einer GmbH vom Insolvenzverwalter auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht Kiel verurteilte ihn in erster Instanz zur Zahlung von rund 320.000 Euro. Die Eheleute befürchteten, er werde nun sein gesamtes Vermögen – vor allem das Hausgrundstück – verlieren. Daher suchten sie im Juni 2012 den mitangeklagten Anwaltsnotar auf. Auf dessen Anraten schlossen sie einen von diesem notariell beurkundeten Ehevertrag und vereinbarten Gütergemeinschaft. Zugleich gab der Ehemann ein notarielles Schuldanerkenntnis ab, wonach er seiner Frau "aus Forderung seit dem heutigen Tage" einen Betrag von 250.000 Euro pro Jahr schulde. Wegen dieser Forderung unterwarf er sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. Eine Hypothek wurde zugunsten der Ehefrau auf das Grundstück eingetragen. Kurze Zeit später wurde die Schadensersatzforderung rechtskräftig. Eine nachrangige Sicherungshypothek über 320.000 Euro wurde im Mai 2013 zugunsten des Insolvenzverwalters eingetragen und die Rückkehr zur Zugewinngemeinschaft vereinbart. 2014 wurde über das Vermögen des Manns das Insolvenzverfahren eröffnet.

Das LG Marburg verurteilte den Ehemann wegen Gläubigerbegünstigung, § 283c StGB, sowie die Ehefrau und den Anwaltsnotar wegen Beihilfe hierzu. Der Komplex der Güterstandsvereinbarung war vom Landgericht nach § 154a StPO eingestellt worden.

BGH: Rechtliche Bedenken nicht erörtert

Die Revisionen hatten vor dem BGH Erfolg. Er verwies die Sache an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des LG Marburg zurück. Aus Sicht der Bundesrichter fehlt es bereits an einer vorsätzlich begangenen Haupttat des Ehemanns. Das LG habe "zur inneren Tatseite" sowohl hinsichtlich des Gläubigerbegünstigungsvorsatzes als auch des Unrechtsbewusstseins des Ehemanns keine ausreichenden Feststellungen und Wertungen getroffen. Dem 2. Strafsenat zufolge hat es insbesondere nicht festgestellt, dass bei der anwaltlichen Beratung rechtliche Bedenken gegen die Abgabe des Schuldanerkenntnisses erörtert worden seien. Daher sei die Einlassung des Ehepartners, er habe auf die Richtigkeit der anwaltlichen Beratung vertraut, nicht widerlegt. 

Umfang der Ratschläge des Notars unklar

Es komme insoweit auch ein Verbotsirrtum des Angeklagten über das Vorliegen einer unzulässigen Begünstigung seiner Ehefrau in Betracht. So könne eine Fehlvorstellung aus den verschiedenen Ratschlägen entstanden sein, die der Jurist dem Schuldner erteilt habe. Dafür spreche etwa der Umstand, dass dieser dem Ehemann mitgeteilt habe, die rechtlichen Möglichkeiten "nochmals geprüft" zu haben, wonach die Güterstandsvereinbarung als Ausfluss von höchstpersönlichem Recht nicht der insolvenzrechtlichen Anfechtung unterliege. Warum das Schuldanerkenntnis aber im Zusammenhang mit dem für legitim gehaltenen Ehevertrag abgegeben werden sollte, habe das LG nicht näher untersucht.

Ohne Haupttat keine Beihilfen

Mangels Haupttat, so der BGH, könnten bereits deshalb auch die Verurteilungen der Frau und des Notars wegen Beihilfe zu der vorsätzlich begangenen Gläubigerbegünstigung keinen Bestand haben. Im Übrigen könnten zwar auch berufstypische Handlungen wie Beratungs- oder Unterstützungsleistungen von Rechtsanwälten eine strafbare Beihilfe darstellen. Es sei jedoch anerkannt, dass dies nicht auf jede Handlung zutreffe, die sich im Ergebnis tatfördernd auswirke. Vielmehr bedürfe es einer bewertenden Betrachtung im Einzelfall. Der reine Verweis auf Bedenken des Insolvenzrichters und des Treuhänders und die vergleichbare Berufserfahrung des Anwaltsnotars genüge jedenfalls nicht.

BGH, Beschluss vom 21.07.2020 - 2 StR 99/19

Redaktion beck-aktuell, 29. Oktober 2020.