BGH vor Grundsatzurteil zur Sanierung von Schrottimmobilien

Der Bundesgerichtshof hat am Freitag im Streit um die Sanierung einer Schrottimmobilie verhandelt. Laut § 22 Abs. 4 WEG a.F. entfällt zwar die Sanierungspflicht, wenn ein Gebäude "zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört" ist. Damit dürften aber nur echte Zerstörungen durch Feuer oder Überflutung gemeint sein, wie die Vorsitzende Richterin Christina Stresemann betonte – und kein Verfall. Die endgültige Entscheidung soll am 15.10.2021 verkündet werden.

Parkhaus-Fall auf Wohnungen übertragbar

In dem eher speziellen Augsburger Streit geht es um ein baufälliges Parkhaus. Aber: "Alles, was wir hier an Grundsätzen aufstellen, wird auch für Wohnungen gelten", sagte Stresemann. Das mehr als 40 Jahre alte Augsburger Parkhaus mit 550 Stellplätzen auf elf Etagen ist größtenteils stillgelegt. Das ist ein Problem, weil den Besuchern des nahen Kongresszentrums Parkmöglichkeiten fehlen. Nur eine GmbH will ihre drei Etagen weiter an das Hotel im Hotelturm vermieten, mit 115 Metern Höhe ein Wahrzeichen der Stadt. Die anderen Eigentümer – darunter zwei Großeigentümer – hatten wegen Mängeln beim Brandschutz mehrheitlich ein Nutzungsverbot für das gesamte Parkhaus beschlossen. Eine gemeinsame Sanierung ist nicht vorgesehen, die GmbH könnte höchstens auf eigene Kosten tätig werden.

Vorinstanz: Ausnahmsweise Verzicht auf Sanierung

Bisher war die GmbH dagegen vergeblich vor Gericht vorgegangen. Das Landgericht München I hatte zuletzt entschieden, dass hier ausnahmsweise auf die Sanierung verzichtet werden könne. Deren Kosten würden auf 4,9 Millionen Euro geschätzt. Das sei mehr, als das heruntergekommene Parkhaus wert sei – rund 3,6 Millionen Euro.

BGH wohl anderer Ansicht

Für den BGH ist das allerdings kein Argument. Eine mögliche wirtschaftliche Überforderung einzelner Eigentümer könne nicht dazu führen, dass eine Sanierung ausbleibe, sagte Stresemann. Sie legte den Parkhaus-Eigentümern nahe, sich irgendwie zu einigen. Das wäre auch die Voraussetzung für eine Auflösung der Gemeinschaft. Nach Vorberatungen hält ihr Senat eine großzügigere Auslegung des § 22 Abs. 4 WEG für problematisch. Die Richterinnen und Richter sehen die Gefahr, dass Eigentümern quasi die Wohnung entzogen wird – etwa weil ein einsturzgefährdetes Treppenhaus nicht mehr betreten werden darf.

Es gibt auch Pläne für Abriss des Parkhauses

Im Augsburger Bauausschuss waren vor drei Monaten Pläne für einen Abriss des Parkhauses vorgestellt worden. Wie die Stadt damals berichtete, sollen dort eine Tiefgarage mit 635 Plätzen und ein weiterer, 66 Meter hoher Wohnturm samt Nebengebäude entstehen.

BGH - V ZR 225/20

Redaktion beck-aktuell, 17. September 2021 (dpa).