BGH vor Grundsatzurteil zu staatlichem Schadenersatz für Mieter

Der Bundesgerichtshof klärt seit dem 21.01.2021 in einem Pilotverfahren, ob Mietern für Behörden-Pannen beim Start der Mietpreisbremse Schadenersatz zusteht. Das Urteil soll am 28.01.2021 verkündet werden, wie die Karlsruher Richter nach der Verhandlung am 21.01.2021 bekanntgaben. Dabei geht es um fehlerhafte Verordnungen in etlichen Ländern. Betroffene Mieter müssen deshalb dauerhaft mit einer höheren Miete leben.

Mietpreisbremsen seit Juni 2015 möglich

Die Landesregierungen können seit Juni 2015 "Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten" ausweisen. Dort gilt im Grundsatz, dass Vermieter beim Einzug neuer Mieter höchstens 10% auf die örtliche Vergleichsmiete aufschlagen dürfen. Es gibt aber Ausnahmen, zum Beispiel für neu gebaute oder modernisierte Wohnungen.

Verordnungen oft unzureichend begründet

Die Mietpreisbremsen-Verordnungen müssen eine Begründung beinhalten, das sieht das Gesetz ausdrücklich vor. In etlichen Bundesländern nahm man es damit allerdings nicht so genau. Inzwischen haben deshalb Gerichte in Bayern, Hamburg, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen, Brandenburg und Niedersachsen die ursprünglichen Verordnungen für unwirksam erklärt. Sie mussten neu erlassen werden. Nur: Das hilft denjenigen nicht mehr, die in der Zwischenzeit einen Mietvertrag unterschrieben haben.

Rechtsdienstleister klagt und erhofft sich Grundsatzurteil

In dem Pilotverfahren klagt der Rechtsdienstleister Conny GmbH (früher "Wenigermiete.de") für zwei Mieter aus Frankfurt am Main gegen das Land Hessen. Er hofft auf ein Grundsatzurteil, das Millionen Mietern zu Rückzahlungen verhelfen soll.  In den bisherigen Instanzen hatte die Klage keinen Erfolg.

BGH stellt aus Grundrechten abgeleitete Haftung in den Raum

Das Problem: Nach der langjährigen Rechtsprechung des BGH gibt es keine Amtshaftungsansprüche wegen allgemeiner Nachteile durch die Gesetzgebung. Und hier sei "ein unüberschaubarer Personenkreis von Mietern und Vermietern" betroffen, wie der Vorsitzende Richter Ulrich Herrmann sagte. Er stellte aber die Frage in den Raum, ob sich aus Grundrechten von Mietern womöglich eine Haftung ableiten lässt.

Mieter-Anwalt: Mandanten haben auf Mietpreisbremse vertraut

Der BGH-Anwalt der Conny GmbH sagte, die Frankfurter Mieter hätten auf die Mietpreisbremse vertraut. Der Fehler in der Verordnung sei nicht so krass gewesen, dass ihn rechtliche Laien hätten erkennen können. Die Menschen müssten sich auf erlassene Verordnungen verlassen können. Die Vertreterin Hessens hielt dagegen, es könne immer passieren, dass eine Verordnung von einem Gericht kassiert werde. Das Land sei ermächtigt, aber nicht verpflichtet gewesen, die Mietpreisbremse durch Erlass einer eigenen Verordnung umzusetzen.

Mieterbund hält Zahlungen des Staates für angebracht

Der Deutsche Mieterbund hält es für angebracht, den Staat für die Versäumnisse zur Kasse zu bitten. "Wenn Mieter im Vertrauen auf die Gültigkeit einer Rechtsverordnung ein Recht durchsetzen wollen und sich diese Verordnung nachher wegen behördlicher Fehler als ungültig erweist, müssen Mieter einen Anspruch auf Entschädigung bekommen", teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit.

Redaktion beck-aktuell, 21. Januar 2021 (dpa).