Von der Bierbank gefallen: Polizei durfte Senior auf Dorffest in Gewahrsam nehmen

"Hund beißt Frau“" ist in der Regel weder eine Meldung noch ein Fall für den 3. Strafsenat des BGH. Anders kann es laufen, wenn der Hund bloß beißt, weil sein Herrchen auf ihn fiel und die Szene zu einem Polizeieinsatz auf einem rheinland-pfälzischen Dorffest führt.

Der arme Hund war dabei nur mittelbar das Problem. Gebissen hatte er die (ebenfalls zu bedauernde) Frau nämlich nur, weil er gewürgt worden war. Daran war wiederum sein Herrchen schuld, der das auch nicht gewollt hatte, sondern betrunken von einer Bierbank gekippt war und dabei an der Leine seines Vierbeiners gezerrt hatte.

Insbesondere, weil der 73-jährige Mann die Besucher des Dorffests in der Nähe von Koblenz schon vorher belästigt hatte, befürchtete der Veranstalter nun den Ausbruch einer Schlägerei und rief die Polizei zur Hilfe. Die Beamten wiesen den Senior zunächst an, das Dorf, das nicht sein Wohnort war, zu verlassen und 24 Stunden lang nicht mehr zu betreten. Da er diesen Platzverweis erkennbar nicht akzeptierte, nahmen die Polizisten den alkoholisierten potenziellen Krawallmacher mit. Das AG Koblenz erlaubte seine Ingewahrsamnahme bis zum Ende des Tages, aber sein Sohn holte ihn nach etwa drei Stunden ab. Das LG Koblenz bestätigte den Beschluss.

Auch aus Sicht des BGH (Beschluss vom 13.11.2023 – 3 ZB 2/22) war die Entscheidung des Amtsgerichts (und indirekt damit die der Beamten) sachgerecht. Die Kirmes erstreckte sich über den ganzen Kern des kleinen Orts, so dass der Mann nicht im Dorf bleiben konnte. Alkoholbedingt habe er weder seinen Hund noch sich unter Kontrolle gehabt und auch die Verhältnismäßigkeit habe das Amtsgericht gewahrt, indem es die Freiheitsentziehung zeitlich beschränkte.

Die Karlsruher Richterinnen und Richter erläutern in ihrem Beschluss auch, warum rheinland-pfälzisches Polizeirecht ein Bundesgericht beschäftigte: Nach Landesrecht entscheide das Amtsgericht aufgrund einer abdrängenden Sonderzuweisung nach § 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO als ordentliches Gericht über diese Fälle. Rheinland-Pfalz habe gleichzeitig im Rahmen seiner konkurrierenden Gesetzgebung das FamFG als Verfahrensordnung bestimmt. Damit sei nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG die Rechtsbeschwerde gegen die gerichtliche Freiheitsentziehung auch ohne Zulassung durch das Landgericht statthaft. Dies gilt, so der BGH, auch beim nachträglichen Streit um eine schon erledigte Ingewahrsamnahme. 

BGH, Beschluss vom 13.11.2023 - 3 ZB 2/22

Redaktion beck-aktuell, Michael Dollmann, 15. Dezember 2023.