Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Unterhaltstitels

Ein Beschwerdegericht kann die Vollstreckbarkeit eines ausländischen Unterhaltstitels im Ursprungsstaat im Einzelfall auch ohne formalen Nachweis feststellen. Der Tatrichter habe das für die Entscheidung maßgebliche ausländische Recht von Amts wegen zu ermitteln. Die Grundsätze über die Darlegungs- und Beweislast finden dabei keine Anwendung, bestätigt der Bundesgerichtshof.

Ex-Mann muss nachehelichen Unterhalt zahlen

Eine Frau klagte gegen die Ablehnung der Vollstreckbarerklärung eines amerikanischen Unterhaltstitels vom Oktober 2018, den ein Gericht im US-Bundesstaat Oregon erlassen hatte. Die Geschiedenen lebten dort bis zur Scheidung im September 2014. Im Zuge dessen musste der Ex-Mann zunächst für vier Jahre monatlich 4.000 US-Dollar, danach unbefristet monatlich 3.000 US-Dollar zahlen. Während er nach Deutschland zog, blieb sie in Oregon und heiratete 2018 erneut. Das AG Celle gab dem ursprünglichen Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Scheidungsurteils von September 2014 hinsichtlich des Unterhalts ab Mai 2018 statt. Auf Antrag des Mannes setzte das amerikanische Bezirksgericht im Oktober 2018 rechtskräftig den monatlichen Unterhalt für die Zeit ab Mai 2018 auf 2.200 US-Dollar herab. Das OLG Celle wies den Antrag der Ehefrau insgesamt ab.

OLG: Ex-Frau legt keine gerichtlichen Nachweise vor

Das OLG Celle lehnte eine Vollstreckbarerklärung nach dem Haager Unterhaltsübereinkommen 2007 (HHÜ 2007) ab: Während das Urteil vom September 2014 durch die rechtskräftige Abänderungsentscheidung vom Oktober 2018 nicht mehr vollstreckt werden könne, könne auch diese nicht für vollstreckbar erklärt werden. Die Geschiedene habe weder eine gerichtliche Bescheinigung über die Vollstreckbarkeit des Abänderungsurteils noch einen gerichtlichen Nachweis vorgelegt, dass in Oregon rechtskräftige Urteile auch ohne diese vollstreckbar seien. Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin beim BGH hatte Erfolg.

Grundsätze über die Darlegungs- und Beweislast finden keine Anwendung

Der XII. Zivilsenat verwies die Sache ans OLG zurück. Die Begründung der Ablehnung der Feststellung der Vollstreckbarkeit der Entscheidung sei rechtsfehlerhaft, monierten die BGH-Richter. Dass die Ex-Frau das in Art. 25 Abs. 1 lit. b HUÜ 2007 geforderte Schriftstück nicht beizubringen vermöge, stehe einer Vollstreckbarerklärung grundsätzlich nicht entgegen. Der Umstand, dass das Abkommen die Durchsetzung von grenzüberschreitenden Unterhaltsforderungen vereinfachen wolle, belege dies. Den Antrag lediglich an einer fehlenden Bescheinigung scheitern zu lassen, wäre unnötiger Formalismus, bemängelte der Familiensenat. Das OLG werde sich daher "in tatrichterlicher Verantwortung" erneut mit der Frage der Vollstreckbarkeit der Entscheidung im Ursprungsstaat befassen müssen. Da die Entscheidung vom Oktober 2018 rechtskräftig sei und dies eine Vollstreckbarerklärung des Urteils vom September 2014 ausschließe, bedürfte es konkreter Anhaltspunkte für die Annahme, aus ihr könne nicht vollstreckt werden. Ob tatsächlich nach dem Recht des Staates Oregon eine zusätzliche Vollstreckbarerklärung des Bezirksgerichts benötigt werde, müsse geklärt werden. Der BGH erteilte zudem den Hinweis, dass die erneute Heirat der Frau einer Vollstreckbarerklärung nicht wegen Verstoßes gegen den ordre public (Art. 22 lit. a HUÜ 2007) entgegenstehen dürfte.

BGH, Beschluss vom 24.08.2022 - XII ZB 268/19

Redaktion beck-aktuell, 20. September 2022.