Kanzleien versenden sogenannte presserechtliche Informationsschreiben an Presseverlage, um eine Berichterstattung über ihre Mandantinnen und Mandanten schon im Vorfeld zu verhindern, bzw. zu beeinflussen. Vor allem drohen sie damit rechtliche Schritte für den Fall an, dass eine bereits in anderen Medien erfolgte - aus ihrer Sicht persönlichkeitsrechtsverletzende - Berichterstattung aufgegriffen wird.
In dem Fall, über den der BGH zu entscheiden hatte, verschickte eine Medienrechtskanzlei einem Verlag im Auftrag ihrer Mandantin, einer Nachrichtensprecherin, ein solches "Informationsschreiben", in dem sie davor warnte, eine Berichterstattung der Bunten und der Bild über ihr Beziehungsleben aufzugreifen. Auf Klage des Verlags untersagte das LG der Nachrichtensprecherin, solche Schreiben zu versenden - nicht aber der Kanzlei und dem unterzeichnenden Anwalt. Diese hätten, so das LG, erkennbar für ihre Mandantin gehandelt und seien daher nicht selbst Störer. Das sah das OLG auf die Berufung des Verlags anders und verbot auch dem Anwalt und der Kanzlei die Versendung solcher Schreiben.
Die Revision von Kanzlei und Anwalt dagegen hatte Erfolg. Wie das LG sieht der BGH sie mangels Verantwortungsübernahme für das Schreiben nicht als Störer und verneint schon deshalb einen Unterlassungsanspruch (Urteil vom 25.06.2024 - VI ZR 64/23). Rechtsbeistände machten sich Äußerungen als Vertreter ihrer Mandantinnen und Mandanten regelmäßig nicht persönlich zu Eigen. Eine persönliche Verantwortung komme nur ausnahmsweise in Betracht, was hier nicht der Fall sei. Ein Verhalten wie im Fall einer Entscheidung von 2019, mit welcher der BGH die Verantwortlichkeit der Kanzlei bejaht hatte, habe die Sozietät hier nicht an den Tag gelegt. Daher hätten die Kanzlei und der Anwalt entgegen der Ansicht des OLG den Verlag auch nicht darauf hinweisen müssen, dass sie das Schreiben nicht gegen sich persönlich gelten lassen wollen.
Kein Unterlassungsanspruch ohne vorheriges Opt-Out
Die Revision der Nachrichtensprecherin hatte ebenfalls Erfolg. Sie käme laut BGH zwar als Störerin in Betracht, weil sie die Kanzlei beauftragt und bevollmächtigt hatte, das Schreiben in ihrem Namen an den Verlag zu schicken. Ein Unterlassungsanspruch gegen presserechtliche Informationsschreiben, die keine nähere Konkretisierung der behaupteten Persönlichkeitsrechtsverletzung im Fall einer Berichterstattung enthalten, ist nach der BGH-Entscheidung aus 2019 möglich, wenn dadurch unmittelbar in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Medienunternehmens eingegriffen wird. Dazu müsste das Schreiben aber betriebsbezogen sein und über eine bloße Belästigung oder eine sozial übliche Behinderung hinausgehen. In der Entscheidung von 2019 hatte der BGH auch eine nicht lediglich sozial übliche Behinderung bejaht, weil der dortige Zeitungsverlag der Kanzlei zuvor mitgeteilt hatte, solche Informationschreiben nicht erhalten zu wollen.
Nun präzisiert der VI. ZIvilsenat, dass durch die Zusendung presserechtlicher Informationsschreiben grundsätzlich nur dann unmittelbar in dieses Recht eingegriffen werde, wenn das Presseunternehmen zuvor per Opt-Out deutlich gemacht hat, dass es die Zusendung solcher Schreiben nicht wünscht. Die Feststellungen des OLG hierzu seien aber fehlerhaft gewesen.
Der BGH hat die Sache daher zurückverwiesen. Im Fall eines Opt-Out wäre laut BGH auch die weitere Voraussetzung eines rechtswidrigen Eingriffs erfüllt, weil die erforderliche Interessenabwägung zugunsten des Verlags ausfallen würde. Denn das Informationsschreiben könne von vorneherein keinen präventiven Rechtsschutz bewirken, weil es keine konkreten Informationen zum Inhalt der für rechtswidrig gehaltenen Vorberichterstattung enthalte und damit dem Verlag eine rechtliche Beurteilung nicht möglich sei.