Fiktive Reparaturrechnung: Kein Vortrag zu Reparaturkosten notwendig

Ein Mann ließ sein Auto nach einem Unfall in der Türkei fachgerecht reparieren. Er rechnete fiktiv ab und schwieg zu den Kosten, woraufhin das AG den Schadensersatz kürzte. Der BGH stellte nun klar: Es gibt keine Verpflichtung, bei fiktiver Abrechnung zu den tatsächlichen Kosten vorzutragen.

Nach einem Verkehrsunfall ließ der Geschädigte seinen Wagen während eines Urlaubs in der Türkei vollständig sach- und fachgerecht reparieren. Anschließend rechnete er seinen Schaden gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers auf Basis eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens ab. Zu den tatsächlichen Kosten der Reparatur von  – laut Gutachten – über 3.000 Euro machte er jedoch keine Angaben. Da der Versicherer nicht zahlen wollte, erhob er Schadensersatzklage in Höhe von rund 4.200 Euro, darunter die 3.000 Euro Reparaturkosten.

Beim AG scheiterte der Mann mangels Vortrags zu den Reparaturkosten noch in Gänze. Das Gericht folgte nach seiner Auffassung einer BGH-Entscheidung aus dem Dezember 2013, die den Schadensersatz auf die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten eines unstreitig fachgerecht reparierten Fahrzeugs begrenzte, die – etwa durch Vorlage der Reparaturrechnung – darzulegen seien. Diese Lesart des Urteils war zuvor schon auf Kritik gestoßen, da dies einer Aufgabe der Rechtsprechung zu den fiktiven Reparaturkosten gleichkäme.

Das LG verurteilte dementsprechend auf die Berufung des Unfallopfers die Assekuranz, auf Basis einer Haftungsquote von 40%, ihm gut 1.600 Euro Schadensersatz (davon 1.130 Euro Reparaturkosten) zu zahlen. Damit war der Versicherer nicht einverstanden und wehrte sich mit der Revision – ohne Erfolg.

Kein Fall von "Verweis auf günstigere Reparaturmöglichkeit"

Der VI. Zivilsenat des BGH hält einen Vortrag der tatsächlichen Reparaturkosten nicht für notwendig (Urteil vom 28.1.2025 – VI ZR 300/24). Richtschnur für den vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zu leistenden Ersatz sei allein der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag auf Basis des Gutachtens. Gesichtspunkte, die eine tatsächlich durchgeführte Reparatur (gleich an welchem Ort) betreffen, seien bei der fiktiven Berechnung grundsätzlich irrelevant.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem vom AG zitierten BGH-Urteil aus 2013 (Urteil vom 03.12.2013 – VI ZR 24/13): Im damaligen Fall handelte es sich, so der BGH, um einen vom vorliegenden Streitfall abweichenden Sachverhalt. Damals ging es um die Möglichkeit der Versicherung, durch einen Verweis "auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen freien Fachwerkstatt" nachzuweisen, dass die im Gutachten ermittelte Summe nicht zur Herstellung notwendig sei (Schadensminderungspflicht des Geschädigten, § 254 BGB). Der Vortrag der Versicherung hatte sich dabei erübrigt, da der Geschädigte selbst erklärt hatte, dass die Reparatur billiger geworden war. Daraus könne aber, so der BGH im aktuellen Urteil weiter, anders als von Teilen der Rechtsprechung und Literatur angenommen, keine Pflicht zur Offenlegung abgeleitet werden. Aufgrund der Entfernung komme die Werkstatt in der Türkei als günstigere Vergleichswerkstatt von vorneherein nicht in Betracht.

BGH, Urteil vom 28.01.2025 - VI ZR 300/24

Redaktion beck-aktuell, ns, 26. März 2025.

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