Nicht existente Forderungen verkauft: Keine Gewährleistung nach Kaufrecht

Der BGH hat eine grundlegende Frage beim Factoring geklärt: Existiert die verkaufte Forderung nicht, gelten die allgemeinen Verjährungsregeln, nicht die des Kaufrechts. Über den Rechtsstreit eines medizinischen Abrechnungszentrums gegen einen Arzt muss nun das Berufungsrecht erneut entscheiden.  

Ein medizinisches Abrechnungszentrum hatte 2011 Forderungen eines niedergelassenen Zahnarztes aus 17 zahnärztlichen Behandlungen angekauft und diese gegenüber dessen Patientinnen und Patienten aus abgetretenem Recht geltend gemacht. Mehrere von ihnen verweigerten die Zahlung. Der Dienstleister saß auf den Kosten fest, da er sich laut Abrechnungsvereinbarung verpflichtet hatte, gegenüber dem Arzt in Vorkasse zu gehen. Das Unternehmen zog gegen die zahlungsunwilligen Patientinnen und Patienten vor Gericht und verkündete dem Dentisten in den Vergütungsprozessen den Streit. Nachdem alle Verfahren gegen die Behandelten gescheitert waren, trat das Abrechnungszentrum im September 2018 von allen Forderungskäufen zurück. Es verklagte den Mediziner auf Rückzahlung des Kaufpreises sowie Erstattung sämtlicher Kosten in Höhe von 153.000 Euro. Dieser berief sich auf Verjährung.

Das OLG Celle sprach dem Factoring-Unternehmen aus der kaufrechtlichen Gewährleistung Rückzahlungsansprüche zu. Dabei ging es davon aus, dass „unzweifelhaft“ keine Verjährung eingetreten sei: Bei einem nicht existenten oder drittbelasteten Recht sei die Vorschrift des § 438 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BGB analog anzuwenden – was eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab Abtretung bedeute.

Diese Auffassung hielt der Überprüfung durch den für das Kaufrecht zuständigen VIII. Zivilsenat des BGH in mehreren Punkten nicht stand (Urteil vom 18.10.2023 – VIII ZR 307/20). Die bislang umstrittene Frage, nach welchen Regeln sich beim Verkauf einer nicht bestehenden Forderung die Verjährung von Ansprüchen des Forderungskäufers gegen den Forderungsverkäufer richten, entscheidet der BGH zugunsten der allgemeinen Verjährungsregeln nach §§ 195, 199 BGB.

Insoweit muss man, so die Karlsruher Richterinnen und Richter, klar unterscheiden: Ist die Forderung nur mangelhaft, kann sie übertragen werden. In diesem Fall liege eine Schlechterfüllung vor und Ersatzansprüche verjährten nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB in zwei Jahren nach Abtretung.

Beim Verkauf einer nicht existenten Forderung - als Fall der anfänglichen objektiven Unmöglichkeit und damit der Nichterfüllung - hingegen richteten sich die Rechtsfolgen nach dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht, § 275 Abs. 1 BGB. Weder direkt noch analog finde das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht Anwendung. Da die Forderung bereits nicht abgetreten werden könne, gebe es den von § 453 Abs. 1 BGB aF, §§ 438, 437 BGB vorausgesetzten Bezugspunkt – die Übertragung eines Kaufgegenstands – für eine Mängelgewährleistung bereits nicht.

BGH, Urteil vom 18.10.2023 - VIII ZR 307/20

Redaktion beck-aktuell, ns, 13. Februar 2024.