Schonfristkündigung: BGH folgt dem LG Berlin II weiterhin nicht

Im Dauerstreit zwischen dem BGH und der 66. Zivilkammer des LG Berlin II bleibt es dabei, dass ein Ausgleich von Mietschulden innerhalb der Schonfrist nicht die hilfsweise ordentliche Kündigung verhindert. Sicherheitshalber verwies der VIII. Zivilsenat den Fall an eine andere Kammer zurück.

In Berlin bezogen Mieter 1994 eine Wohnung. Für Oktober 2019, Januar 2020 und Mai 2021 zahlten sie keine Miete. Nachdem die Vermieterin sie mehrmals vergeblich schriftlich aufgefordert hatte, die aufgelaufenen Mietrückstände zu entrichten, kündigte sie den Vertrag: Fristlos, hilfsweise ordentlich wegen Zahlungsverzugs. Daraufhin erhob sie Räumungsklage. Innerhalb von 22 Tagen nach Rechtshängigkeit beglichen die Bewohner die Mietrückstände vollständig.

Das Amtsgericht gab der Räumungsklage – gestützt auf die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses – statt. Die 66. Zivilkammer des LG Berlin wies die Klage hingegen mit der Begründung ab, dass eine rechtzeitige Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB (Schonfrist von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs) neben der außerordentlichen auch eine hilfsweise fristgemäß erklärte ordentliche Kündigung unwirksam mache. Die Vermieterin wandte sich daher an den BGH - mit Erfolg.

"Eindeutiger Wille des Gesetzgebers"

Entgegen der Auffassung des LG ist die auf die ausgebliebenen Mietzahlungen der Mieter gestützte ordentliche Kündigung dem VIII. Zivilsenat zufolge nicht infolge der Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB unwirksam geworden (Urteil vom 23.10.2024 – VIII ZR 106/23). Diese Norm gelte nur für außerordentliche Kündigungen. Der BGH erteilte damit der durch die 66. Zivilkammer des LG Berlin II vorgenommene Ausdehnung dieser Norm (erneut) unmissverständlich eine Abfuhr – und verwies die Sache zur Sicherheit an eine andere Kammer zurück.

Der BGH sieht auch weiterhin keinen Grund, von seiner ständigen Rechtsprechung abzuweichen. Dies geht klar aus dem zweiten Leitsatz des Gerichts hervor: Danach entspreche die beschränkte Wirkung des Nachholrechts des Mieters dem "eindeutigen Willen des Gesetzgebers, so dass der an Gesetz und Recht gebundene Richter (Art. 20 Abs. 3 GG) diese Entscheidung nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern und durch eine judikative Lösung ersetzen dürfe, die so im Gesetzgebungsverfahren (bisher) nicht erreichbar" gewesen sei.

Soweit das LG nach wie vor der Auffassung sei, der Senat habe bei seinen Ausführungen zur historischen Auslegung zu Unrecht auf ein bloßes Nichthandeln beziehungsweise ein bloßes "Verhalten des Gesetzgebers" abgestellt, treffe dies nicht zu. Insoweit gehe auch der Einwand fehl, der methodische Ansatz des Senats habe "äußerst bedenkliche Konsequenzen für die Rechtsklarheit" und könne zu "untragbaren Verwerfungen in der parlamentarischen Arbeit" führen.

BGH, Urteil vom 23.10.2024 - VIII ZR 106/23

Redaktion beck-aktuell, ns, 15. November 2024.