Doppelter Verweis in Widerrufsbelehrung zu verwirrend
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Eine Widerrufsbelehrung, die eine Norm benennt, die wiederum auf einen weiteren Paragraphen verweist, ist für einen Verbraucher weder klar noch verständlich. Der Bundesgerichtshof änderte mit Urteil vom 27.10.2020 seine diesbezügliche Rechtsprechung: Ein solcher Kettenverweis hemmt den Beginn der Widerrufsfrist von Verbraucherkreditverträgen.

Fahrzeugfinanzierung mit verbundenem Darlehensvertrag

Ein Mann kaufte sich einen gebrauchten Land Rover und schloss dafür zusammen mit dem Kaufvertrag einen sogenannten verbundenen Darlehensvertrag, um rund 23.000 Euro für den Wagen zu finanzieren. Neun Monate später widerrief er seine Kreditvertragsannahme und berief sich dabei auf die fehlerhafte Widerrufsbelehrung des Kreditgebers. Dieser hatte innerhalb der Belehrung auf § 492 Abs. 2 BGB verwiesen, der seinerseits auf Art. 247 §§ 6-13 EGBGB verwies. Der Autofahrer war unter anderem mit seiner Forderung auf Rückzahlung seiner bisher geleisteten Darlehensraten in den Vorinstanzen erfolglos. Seine Revision vor dem Bundesgerichtshof führte teilweise zum Erfolg.

Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen

Der Autokäufer hatte dem XI. Zivilsenat zufolge tatsächlich auch neun Monate nach Abschluss des Vertrags ein Widerrufsrecht, weil die Frist wegen der fehlerhaften Belehrung noch nicht zu laufen begonnen hatte. Der Europäische Gerichtshof hatte im März 2020 zugunsten der Verbraucher entschieden, dass ein solcher Kaskadenverweis gegen die Verbraucherkreditrichtlinie verstößt, weil die Belehrung damit unverständlich wird. Vorangegangene Entscheidungen des BGH hatten die Frage aufgeworfen, ob und inwieweit die obersten Zivilrichter dem EuGH auf diesem Weg folgen würden. Nunmehr änderte der Senat seine Rechtsprechung: Da die entsprechende deutsche Vorschrift des Art. 247 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB europakonform auszulegen sei, gelte fortan, dass ein doppelter Verweis in der Widerrufsbelehrung nicht klar und verständlich ist.

Gesetzlichkeitsfiktion greift nicht

Der Darlehensgeber kann sich laut BGH auch nicht auf die sogenannte Gesetzlichkeitsfiktion nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB berufen, wonach eine Vertragsklausel, die dem in der Anlage 7 der Norm befindlichen Muster entspricht, immer die vorgeschriebenen Anforderungen erfüllt. Die Voraussetzungen hierfür seien nicht erfüllt, da die Widerrufsbelehrung von dem Muster abweiche: Das Geldinstitut hatte noch weitere, hier nicht abgeschlossene Versicherungsverträge aufgeführt.

OLG soll Missbrauch des Widerrufsrechts prüfen

Der Bundesgerichtshof verwies die Sache, die wegen ihrer vielen Facetten für juristische Prüfungen interessant ist, an das Oberlandesgericht Stuttgart zurück. Dieses soll den Einwand des Darlehensgebers, der Kläger habe sein Widerrufsrecht missbraucht, prüfen.

BGH, Urteil vom 27.10.2020 - XI ZR 498/19

Redaktion beck-aktuell, 26. November 2020.