Verwertungsgesellschaft darf Vorschaubilder von Framing-Schutz abhängig machen

Eine Verwertungsgesellschaft darf den Abschluss eines Vertrags über die Nutzung von Digitalisaten urheberrechtlich geschützter Werke im Internet davon abhängig machen, dass der Nutzer wirksame technische Maßnahmen gegen sogenanntes Framing ergreift. Dies hat der Bundesgerichtshof im Streit zwischen der Deutschen Digitalen Bibliothek und der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst entschieden.

Deutsche Digitale Bibliothek nutzt Vorschaubilder verlinkter Inhalte

Die Klägerin, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, ist Trägerin der Deutschen Digitalen Bibliothek. Diese bietet eine Online-Plattform für Kultur und Wissen an, die deutsche Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen miteinander vernetzt. Auf der Internetseite der Bibliothek sind über Links digitalisierte Inhalte abrufbar, die in den Webportalen dieser Einrichtungen gespeichert sind. Die Bibliothek speichert Vorschaubilder dieser digitalisierten Inhalte. Einige dieser Inhalte, wie etwa Werke der bildenden Kunst, sind urheberrechtlich geschützt.

Verwertungsgesellschaft verlangt Anti-Framing-Maßnahmen

Die Klägerin verlangt von der Beklagten, der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst, den Abschluss eines Vertrags, der ihr das Recht zur Nutzung dieser Werke in Form von Vorschaubildern einräumt. Die Beklagte macht den Abschluss eines solchen Nutzungsvertrags von der Aufnahme folgender Bestimmung in den Vertrag abhängig: "Die Lizenznehmerin verpflichtet sich, bei der Nutzung der vertragsgegenständlichen Werke und Schutzgegenstände wirksame technische Maßnahmen zum Schutz dieser Werke oder Schutzgegenstände gegen Framing anzuwenden."

EuGH entschied vorab

Die Klägerin, die eine solche Vertragsbestimmung ablehnt, klagte auf Feststellung, dass die Beklagte zum Abschluss eines Nutzungsvertrages ohne diese Regelung verpflichtet ist. Das Landgericht wies die Klage als unzulässig ab. Auf die Berufung der Klägerin stellte das Kammergericht die Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss eines Nutzungsvertrags ohne Klausel fest. Der Bundesgerichtshof setzte das Verfahren aus, und bat den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung.

BGH: Fehlerhafte Interessenabwägung durch KG

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Kammergericht zurückverwiesen. Die Beklagte sei als Verwertungsgesellschaft nach § 34 Abs. 1 Satz 1 VGG verpflichtet, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen. Sie sei allerdings auch verpflichtet, dabei die Rechte der ihr angeschlossenen Urheber wahrzunehmen und durchzusetzen. Bei der hier vorzunehmenden Abwägung der Interessen der Beteiligten habe das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen, Rechte der Urheber seien nicht betroffen, wenn die von der Klägerin genutzten Vorschaubilder von Werken der bildenden Kunst unter Umgehung technischer Schutzmaßnahmen zum Gegenstand von Framing würden. Ein solches Framing verletze ein den Urhebern zustehendes unbenanntes Recht der öffentlichen Wiedergabe, das sich aus § 15 Abs. 2 UrhG ergebe, der mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG richtlinienkonform auszulegen sei.

Framing verletzt Urheberrechte

Der Gerichtshof der Europäischen Union habe entschieden, dass die Einbettung eines mit Einwilligung des Rechtsinhabers auf einer frei zugänglichen Internetseite verfügbaren Werks in die Internetseite eines Dritten im Wege des Framing eine öffentliche Wiedergabe des Werks im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG darstelle, wenn sie unter Umgehung von Schutzmaßnahmen gegen Framing erfolge, die der Rechtsinhaber getroffen oder veranlasst habe. Für die vom Berufungsgericht erneut vorzunehmende Beurteilung hat der Bundesgerichtshof darauf hingewiesen, dass nicht auf das Interesse einzelner, mit dem Framing durch Dritte einverstandener Urheber, sondern auf die typische, auf Rechtswahrung gerichtete Interessenlage der von der Beklagten vertretenen Urheberrechtsinhaber abzustellen sei.

BGH, Urteil vom 09.09.2021 - I ZR 113/18

Redaktion beck-aktuell, 9. September 2021.