Verurteilung syrischen Geheimdienstlers wegen Beihilfe zur Folter rechtskräftig

Die Verurteilung eines ehemaligen syrischen Geheimdienstlers wegen Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Form von Folter und schwerwiegender Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Angeklagten am 20.04.2022 verworfen.

Verfolgung der Protestbewegung des Arabischen Frühlings durch Assad-Regime

Nach den vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen versuchten die syrischen Sicherheitsbehörden spätestens seit Ende April 2011 aufgrund zentraler Anordnung eines dem Staatspräsidenten Bashar al-Assad unterstehenden Ad-hoc-Gremiums, die im Rahmen des sogenannten Arabischen Frühlings entstandene Protestbewegung gewaltsam zu unterdrücken. Der Angeklagte war ab Februar 2010 in der Abteilung 251 des – umgangssprachlich "Staatssicherheit" genannten – syrischen Allgemeinen Geheimdienstes tätig. Diese Abteilung war für den Großraum Damaskus zuständig. Der Angeklagte wechselte im Juli 2011 in die Unterabteilung 40, eine "Abräum- und Schlägertruppe", die zur Zerschlagung regimekritischer Demonstrationen eingesetzt wurde. Ihr gehörte er bis zu seiner Desertion im Januar 2012 an.

Festnahme und schwere Folterung von Protestteilnehmern

Im September oder Oktober 2011 fand in einer südlich von Damaskus gelegenen Stadt eine Demonstration mit 3.000 bis 6.000 Teilnehmern statt. Der Leiter der Unterabteilung 40 eröffnete mit einer Maschinenpistole das Feuer auf die friedlich Protestierenden; weitere Geheimdienstmitarbeiter schossen ebenfalls auf sie. Der Angeklagte und seine Kollegen verfolgten daraufhin die fliehenden Demonstranten und ergriffen eine Vielzahl von ihnen. Mindestens 30 Festgenommene wurden mit Bussen zum Gefängnisgebäude der Abteilung 251 gefahren, wobei der Angeklagte den Transport in einem der Busse begleitete und sicherte. Die in das Gefängnis verbrachten Menschen wurden während ihres Aufenthalts sämtlich gefoltert.

Angeklagter beteiligte sich an Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Das Oberlandesgericht hat diese Feststellungen dahin beurteilt, dass das Vorgehen des syrischen Regimes ab Ende April 2011 sowohl die Voraussetzungen eines ausgedehnten als auch die eines systematischen Angriffs gegen die eigene Zivilbevölkerung nach § 7 Abs. 1 VStGB, der Strafvorschrift über das Verbrechen gegen die Menschlichkeit, erfülle. Die 30 unter Mitwirkung des Angeklagten festgenommenen und zum Geheimdienstgefängnis verbrachten Zivilisten seien im Sinne der Einzeltatbestände Nummer 5 und 9 dieser Norm gefoltert und in schwerwiegender Weise der körperlichen Freiheit beraubt worden. Hierzu habe der Angeklagte, der an den Geschehnissen in dem Gefängnis selbst nicht beteiligt gewesen sei, Hilfe geleistet. Der Bundesgerichtshof hat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt und die Revision verworfen. Die Verurteilung des Angeklagten sei auch mit Blick auf die Strafzumessung ohne Rechtsfehler erfolgt.

BGH, Beschluss vom 20.04.2022 - 3 StR 367/21

Redaktion beck-aktuell, 3. Mai 2022.