Verurteilung wegen Abrechnungsbetrugs an medizinischem Versorgungszentrum bestätigt

Die Verurteilung eines Apothekers und zweier Ärzte, die gemeinsam über ein Strohmann-Konstrukt zur Umgehung des gesetzlichen Beteiligungsverbots an einem medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Millionenbeträge mit einer kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet haben, ist weitgehend rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof hat die Vorwürfe des banden- und gewerbsmäßig begangenen Betrugs bestätigt.

Apotheker suchte sich Strohmann für unzulässige Beteiligung an einem MVZ

Die Angeklagten sind ein Apotheker und zwei Ärzte. Der Apotheker wollte ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) erwerben, um sich über den dann möglichen Einfluss auf das Verordnungsverhalten der dort tätigen Ärzte neue Absatzquellen für von ihm hergestellte hochpreisige Medikamente zu erschließen. Da ihm bewusst war, dass die Beteiligung von Apothekern an einem medizinischen Versorgungszentrum aufgrund einer Änderung des § 95 Abs. 1a SGB V seit Januar 2012 rechtlich nicht mehr möglich war, suchte er nach einem zugelassenen Arzt als "Strohmann". Diesen fand er in einem der Angeklagten. Über diesen erwarb er vom anderen - in Finanzschwierigkeiten steckenden - Angeklagten die Mehrheitsanteile an einem bis dato rechtmäßig zur kassenärztlichen Versorgung zugelassenen MVZ.

Trotz Beteiligungsverbots Millionenbeträge abgerechnet

Obwohl den zusammenwirkenden Angeklagten bewusst war, dass die Voraussetzungen für die kassenärztliche Zulassung des MVZ nicht mehr vorlagen und dieses daher nicht berechtigt war, ärztliche Leistungen bei der Kassenärztlichen Vereinigung abzurechnen, reichte das MVZ in den Jahren 2014 und 2015 mehrere Quartalsabrechnungen ein. Die Kassenärztliche Vereinigung zahlte im Vertrauen auf dessen Abrechnungsberechtigung fast eineinhalb Millionen Euro an das MVZ aus.

Krankenkasse zahlte für nicht abrechenbare Verordnungen

Einer der Ärzte stellte darüber hinaus einer Krankenkasse von August 2014 bis Juni 2015 Verordnungen des MVZ in Rechnung, die in der Apotheke eingelöst worden waren. Die Angeklagten wussten, dass die Verordnungen aufgrund der – durch die "Strohmann"-Konstruktion verdeckten – faktischen Beteiligung des Angeklagten am MVZ nicht abrechenbar waren. Im Vertrauen auf die Ordnungsgemäßheit der Verordnungen zahlte die Krankenkasse rund 150.000 Euro an die Verrechnungsstelle der Apotheke des Angeklagten aus.

LG verurteilte die Angeklagten wegen banden- und gewerbsmäßig begangenen Betrugs

Das Landgericht verurteilte die drei Angeklagten wegen mehrfachen, teils banden- und gewerbsmäßig begangenen Betrugs zu Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren und sechs Monaten, zehn Monaten und sechs Monaten. Die Vollstreckung letztgenannter Strafen setzte es zur Bewährung aus und ordnete zugleich die Einziehung von rund eineinhalb Million Euro als Erträge aus den Betrugstaten an. Die Angeklagten legten Revision ein.

Revision der Angeklagten weitgehend verworfen

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Angeklagten weitgehend als unbegründet verworfen. Die Einreichung der Abrechnungen von ärztlichen Leistungen und Verordnungen unter Verschleierung der Umgehung des in § 95 Abs. 1a SGB V normierten Beteiligungsverbots für Apotheker an einem medizinischen Versorgungszentrum seien rechtsfehlerfrei als Betrug gewertet worden. Lediglich die Schuldsprüche seien abzuändern gewesen, da das Landgericht die Tatbeiträge der Angeklagten und das konkurrenzrechtliche Verhältnis der Taten zueinander nicht durchweg rechtlich zutreffend bestimmt habe. Zudem müsse über die Höhe der Einziehung neu entschieden werden, da bisher nicht berücksichtigt worden sei, dass dem am Verfahren beteiligten MVZ im Zusammenhang mit der an sich sachgemäßen Krankenbehandlung berücksichtigungsfähige Aufwendungen entstanden sein könnten.

BGH, Urteil vom 19.08.2020 - 5 StR 558/19

Redaktion beck-aktuell, 20. August 2020.