Das LG Neuruppin hatte einen Mann unter anderem wegen veruntreuender Unterschlagung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Ihm wurde auch zur Last gelegt, sich einen im Eigentum einer Firma stehenden Tieflader zugeeignet zu haben. Nachdem über das Vermögen der AG das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, hatte er gegenüber dem Insolvenzverwalter Existenz und Standort der Maschine verschwiegen. Auch bot er sie nicht gegenüber der Firma zur Herausgabe an. Erst ein knappes Jahr später gelang die Sicherstellung. Mit seiner Revision erzielte der Mann einen Teilerfolg.
Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass die Verurteilung wegen veruntreuender Unterschlagung mangels Zueignung des Tiefladers zum Teil keinen Bestand haben konnte (Beschluss vom 29.11.2023 – 6 StR 191/23). Nach der bisherigen Rechtsprechung reichte die "Manifestation des Zueignungswillens" aus. Davon ist der 6. Strafsenat jetzt aber nicht mehr überzeugt. Denn das könne zwar "ein gewichtiges Beweisanzeichen für den subjektiven Tatbestand sein", "genügt (aber) nicht". Vielmehr müsse "eine Zueignung tatsächlich eingetreten sein". Vor allem der Wortlaut der Norm spreche dafür, wonach derjenige eine Unterschlagung begehe, der sich oder einem Dritten eine Sache rechtswidrig zueigne. Damit schreibe der Gesetzgeber fest, dass eine Zueignung tatsächlich eingetreten sein müsse. § 246 StGB sei ein Erfolgsdelikt.
Der BGH gab zu bedenken, dass auch Fälle denkbar seien, in denen der Täter sich als Eigentümer "geriert" (Manifestation), gleichwohl aber keinerlei Verkürzung der Positionen des Berechtigten drohe. Eine Bestrafung wegen vollendeter Unterschlagung würde dann aber zu einem Wertungswiderspruch zu den allgemeinen Grundsätzen der – nach § 246 Abs. 3, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB möglichen – Versuchsstrafbarkeit führen, die regelmäßig voraussetze, dass das geschützte Rechtsgut (bereits) durch den Tatplan unmittelbar gefährdet werde.
(Noch) keine Divergenzvorlage
Der 6. Strafsenat sah trotz der abweichenden Rechtsprechung der Schwestersenate keinen Grund für eine Divergenzvorlage nach § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG: Hier führten beide Wege zum gleichen Ergebnis. Bezüglich des Tiefladers könne weder ein Zueignungserfolg noch ein Manifestationsakt festgestellt werden. So liege in dem "bloßen Unterlassen" der geschuldeten Rückgabe sicherungsübereigneter Gegenstände keine vollendete Zueignung, denn die beeinträchtige die Eigentümerbefugnisse nicht weitergehend, als bereits durch die im Rahmen des Miet- oder Leasingvertrags erfolgte Gebrauchsüberlassung geschehen. Auch nach der "bisherigen Rechtsprechung" fehle es hier an einem "gerieren" als Eigentümer, wie beispielsweise einem Verkauf oder einer erheblichen Abnutzung durch Gebrauch.