Leiblicher Vater ficht Vaterschaft an
Der leibliche Vater hatte die Vaterschaft eines anderen Mannes zu seiner Tochter angefochten. Das Kind wurde im November 2017 geboren. Die Mutter hatte während der Empfängniszeit Geschlechtsverkehr sowohl mit dem Kindsvater als auch mit ihrem jetzigen Ehemann, sie heirateten während des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Letzterer erkannte vor der Geburt des Mädchens die Vaterschaft an, und übernahm im Juli 2018 gemeinsam mit seiner Frau die elterliche Sorge. Ihrem Ex hatte die Frau zunächst von einem Schwangerschaftsabbruch erzählt, das Kind sei erst danach von ihrem Angetrauten gezeugt worden. Später erzählte sie ihm dann die Wahrheit. Ein Labortest vom Mai 2018 ergab eine Wahrscheinlichkeit von 99,99% für seine Vaterschaft. Einen Monat später teilte sie ihrem Mann mit, dass er nicht der Vater des Kindes sei. Ende August 2018 leitete der biologische Vater ein Verfahren zur Vaterschaftsanfechtung ein.
OLG: Keine familiäre Beziehung zum Zeitpunkt des Vaterschaftstests
Das AG Frankfurt am Main gab dem Antrag statt. Das dortige Oberlandesgericht wies die Beschwerden des Paars zurück, da zwischen dem Ehemann und dem Kind zur Zeit des Abstammungstests keine familiäre Beziehung bestanden habe. Dieser habe zudem nicht dargelegt, dass er tatsächlich für das Kind auf Dauer Verantwortung habe übernehmen wollen. Dagegen legte das Paar erfolgreich Rechtsbeschwerden ein. Für das Kind wurde aufgrund der bestehenden gemeinsamen Sorge ein Ergänzungspfleger bestellt.Vertretung durch unverheiratete Mutter trotz gemeinsamer Sorge
Aus Sicht der Karlsruher Richter kann das Kind im Abstammungsverfahren auch durch die unverheiratete Mutter vertreten werden. Diese könne schon aus verfassungsrechtlichen Erwägungen nicht von einer Vertretung ausgeschlossen werden, Art. 6 Abs. 2 GG. Das Gesetz gehe im Abstammungsverfahren von dem Grundsatz aus, dass die Mutter trotz bestehender Eigeninteressen in der Lage sei, das Kind seinen Interessen entsprechend im Verfahren zu vertreten. Damit gab der BGH seine seit 1972 vertretene Rechtsprechung auf.
BGH: Sozial-familiäre Beziehung ist klärungsbedürftig
Dem Familiensenat zufolge hat das OLG zudem für das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung zwischen dem Vater und dem Kind zu Unrecht auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung abgestellt. Maßgeblich sei vielmehr der Zeitpunkt der Entscheidung. § 1600 Abs. 2 BGB setze für die Anfechtung voraus, dass keine sozialfamiliäre Beziehung "besteht". Die Richter monierten, dass hier nicht die aktuelle Sachlage zugrunde gelegt worden sei. Der BGH verwies die Sache daher an das OLG zurück, welches die erforderlichen Feststellungen nachholen müsse.