Streit um Bauhandwerkersicherung
Die beklagten Eheleute ließen als private Bauherren einen Neubau errichten. Dabei vergaben sie die erforderlichen Gewerke an einzelne Bauunternehmer. Die Klägerin erbrachte aufgrund eines Vertrags von August 2018 Putzarbeiten auf Einheitspreisbasis. Auf Abschlagsrechnungen zahlten die Beklagten nur einen Teilbetrag. Die Klägerin forderte die Beklagten zunächst erfolglos zur Zahlung des offenen Betrags und anschließend zur Leistung einer Sicherheit hierfür im Sinne des § 650f Abs. 1 Satz 1 BGB (Bauhandwerkersicherung) auf. Das Landgericht hatte der Klage auf Sicherheitsleistung stattgegeben. Hiergegen legten die Beklagten Berufung ein.
OLG: Auch bei gewerkeweiser Vergabe liegt Verbraucherbauvertrag vor
Nachdem sie den noch offenen Betrag an die Klägerin gezahlt hatten, stand die Erledigung der Hauptsache in Streit. Das Oberlandesgericht wies die auf Feststellung der Erledigung gerichtete Klage ab. Es meint, die ursprüngliche Klage auf Sicherheitsleistung sei unbegründet gewesen. Dem Anspruch auf Sicherheitsleistung gemäß § 650f Abs. 1 BGB habe von Anfang an der Ausnahmetatbestand des § 650f Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 BGB entgegengestanden. Die Beklagten als Besteller seien Verbraucher und hätten mit der Klägerin einen Verbraucherbauvertrag im Sinne des § 650i Abs. 1 Fall 1 BGB geschlossen. Ein solcher liege auch bei einer – wie hier – gewerkeweisen Vergabe von Bauleistungen vor.
BGH widerspricht
Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. Die Klage auf Sicherheitsleistung sei ursprünglich begründet gewesen. Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 650f Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 BGB lägen nicht vor. Die Parteien hätten keinen Verbraucherbauvertrag geschlossen. Nach der gesetzlichen Definition in § 650i Abs. 1 Fall 1 BGB setze ein solcher voraus, dass es sich um einen Vertrag mit einem Verbraucher handelt, durch den der Unternehmer zum Bau eines neuen Gebäudes verpflichtet wird. Dafür reiche es schon nach dem Wortlaut nicht aus, dass der Unternehmer die Verpflichtung zur Erbringung eines einzelnen Gewerks im Rahmen eines Neubaus eines Gebäudes übernimmt.
Wille des Gesetzgebers kommt in BGB klar zum Ausdruck
Darin unterscheide sich die Vorschrift in entscheidender Weise von dem gleichzeitig in Kraft getretenen § 650a BGB. Dort werde ausdrücklich unter anderem ein Vertrag über die Herstellung eines Bauwerks "oder eines Teils davon" erfasst. Eine weitere abweichende Formulierung finde sich zudem in § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB, der die Verjährung werkvertraglicher Mängelansprüche regelt und dort eine spezielle Verjährungsfrist für Ansprüche "bei einem Bauwerk" vorsieht. Die mit dem Abschluss eines Verbraucherbauvertrags verbundene Verpflichtung des Unternehmers, dem Verbraucher eine Baubeschreibung zur Verfügung zu stellen, die mindestens unter anderem Pläne mit Raum- und Flächenangaben sowie Ansichten, Grundrisse und Schnitte enthalten muss, spreche ebenfalls für dieses Verständnis. Schließlich stütze auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift eine solche Auslegung, so der BGH. Danach sei der Gesetzgeber bei der an das Recht der Europäischen Union anknüpfenden Definition des Verbraucherbauvertrags in § 650i BGB nicht versehentlich oder aus Unachtsamkeit von der in anderen Vorschriften, insbesondere der in § 650a BGB gewählten Terminologie abgewichen, sondern habe bewusst die eigenständige klare Formulierung gewählt, nach der sich der Unternehmer zum Bau eines neuen Gebäudes verpflichtet haben muss.
Verbraucherschutz und Gebot der Rechtsklarheit führen zu keinem anderen Ergbnis
Soweit die Auffassung vertreten wird, der Gedanke des Verbraucherschutzes erfordere es, die gewerkeweise vergebenen Leistungen im Rahmen des Neubaus eines Gebäudes denselben Vorschriften zu unterwerfen wie die Verpflichtung zum Neubau eines Gebäudes, habe das keine Umsetzung im Gesetz gefunden. Schließlich verbiete es auch das Gebot der Rechtsklarheit, den Begriff des Verbraucherbauvertrags aufgrund einer allgemeinen Zielvorstellung des Verbraucherschutzes zu erweitern, ohne dass dies im Gesetzestext erkennbar wäre. Denn der Unternehmer müsse erkennen können, ob und welche Unterrichtungs- und Belehrungspflichten ihn schon im Vorfeld des Vertrages treffen. Zu einem Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof sah sich der BGH nicht veranlasst. § 650f Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 BGB könne mangels Vorliegens einer planwidrigen Gesetzeslücke auch nicht entsprechend auf Verträge über einzelne Gewerke im Rahmen des Baus eines neuen Gebäudes angewandt werden.