Ein Architekt sammelte rund 250.000 Euro Schulden an. In Höhe von knapp 190.000 Euro waren seine Ansprüche aus der Versorgungskasse seiner Architektenkammer bereits gepfändet, als ein weiterer Gläubiger das Ruhegeld ebenfalls in Höhe von 64.000 Euro pfänden ließ. Der Architekt hatte zwar die Altersruhegrenze bereits 2015 erreicht, aber noch keinen Antrag auf Auszahlung seiner Bezüge gestellt. Diesen Antrag stellte nun der Gläubiger im Rahmen der Pfändung und beanspruchte auch rückwirkend das bereits entstandene Ruhegeld.
Die Insolvenzverwalterin des Architekten wehrte sich gegen diese Pfändung erfolglos vor dem Amtsgericht Reutlingen und dem Landgericht Tübingen. Der Bundesgerichtshof gab ihrer Rechtsbeschwerde zu einem geringen Teil statt.
Pfändung nicht zwecklos und trotz Abtretungsverbots zulässig
Der BGH bejahte die Rechtmäßigkeit der Pfändung, obwohl § 803 Abs. 2 ZPO bestimmt, dass eine Pfändung unterbleibt, wenn sich von der Verwertung der zu pfändenden Gegenstände ein Überschuss über die Kosten der Zwangsvollstreckung nicht erwarten lässt. Eine Zwecklosigkeit der Pfändung könne im Vollstreckungsverfahren nicht zuverlässig beurteilt werden, denn es bestehe die Möglichkeit, dass die bevorrechtigten Ansprüche anderweitig befriedigt werden oder auf sie verzichtet werde.
Obwohl die Satzung des Versorgungswerks es verbietet, die Ansprüche abzutreten, und § 851 Abs. 1 ZPO es untersagt, nichtübertragbare Forderungen zu pfänden, hält der VII. Zivilsenat die Pfändung der Altersbezüge für rechtmäßig. Nach Ansicht der Karlsruher Richter müssen diese Normen verfassungskonform ausgelegt werden: Um dem nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Befriedigungsrecht eines Gläubigers Rechnung zu tragen, müssten diese Ansprüche genauso wie Arbeitseinkommen nach §§ 850a ff. ZPO pfändbar sein. Dem Schuldner verbleibt danach zumindest das pfändungsfreie Einkommen seiner Rente.
Auch für die Vergangenheit: Antragsrecht geht als Nebenrecht über
Der Gläubiger durfte sogar die Auszahlung der Altersbezüge für die Vergangenheit, nämlich seit Erreichen der Altersgrenze im Jahr 2015, für sich beanspruchen, so der BGH. Dass der Architekt selbst das bisher nicht getan habe, ändere daran nichts, schließlich stünden die Pfändungsfreigrenzen nach §§ 850c ff. ZPO nicht zu seiner Disposition. Das Antragsrecht sei vielmehr als Nebenrecht nach § 401 BGB analog übergegangen. In Fortbildung ihrer Rechtsprechung bestimmten die Karlsruher Richter nun, dass die Pfändung der Ansprüche auf Zahlung des Altersruhegelds für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auch das Recht umfasst, einen rückwirkenden Leistungsantrag zu stellen.
Laut dem BGH gelten allerdings auch hier die Grenzen der §§ 850c ff. ZPO. Bei einer Anhäufung von Altersruhegeldzahlungen aus mehreren Monaten sei jeweils für jeden Monat der pfändbare Betrag fiktiv festzustellen und zu addieren.