Versagung der Restschuldbefreiung bei Falschangaben im Vergleich

Macht der Rechtsanwalt eines Insolvenzschuldners im Zuge eines Vergleichsangebots falsche Angaben über die Eigentumsverhältnisse eines Grundstücks, kann die Restschuldbefreiung versagt werden. Laut Bundesgerichtshof muss sich der Schuldner die Formulierungen seines Juristen als eigene zurechnen lassen. Entscheidend sei die wissentliche und billigende Weiterleitung an den Empfänger.

Wertgutachten gibt falsche Eigentumsverhältnisse wieder

Eine Gläubigerin hatte beantragt, einem Schuldner die Restschuldbefreiung aus dem 2013 eröffneten Insolvenzverfahren zu versagen. Angeblich habe er unrichtige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht. Nachdem das Hauptzollamt im August 2010 gegen ihn Tabaksteuern von 80.000 Euro festgesetzt hatte, bat er im März 2011 über seinen Anwalt wegen akuter Finanznot um Stundung. Das Vergleichsangebot sah unter anderem vor, die bestehende Steuerschuld in monatlichen Raten zu 1.000 Euro zu begleichen. Als Absicherung werde auf dem schuldnerischen Grundstück eine Grundschuld über 80.000 Euro eintragen. Dem anwaltlichen Schreiben war ein Wertgutachten beigefügt, welches den Schuldner als Eigentümer des zu belastenden Grundstücks auswies. Tatsächlich hatte dieser das Areal im April 2010 an eine Frau verkauft, die seit September 2010 als neue Eigentümerin im Grundbuch stand. Der Antrag scheiterte sowohl beim AG Neubrandenburg als auch am dortigen Landgericht. Die - vom Einzelrichter zugelassene -Rechtsbeschwerde der Gläubigerin hatte vorerst Erfolg.

Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters

Dem IX. Zivilsenat zufolge unterliegt der angefochtene Beschluss der Aufhebung, weil er unter Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebots des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ergangen ist. Durch den Umstand, dass der Einzelrichter mit seiner Entscheidung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache bejaht und zugleich in der Sache entschieden habe, sei seine Entscheidung objektiv willkürlich. Laut den obersten Bundesrichtern hätte er das Verfahren nach § 568 Satz 2 ZPO zwingend dem Kollegium übertragen müssen.

Wissentliche und billigende Weiterleitung sind entscheidend

Zudem erteilte der Bankensenat den Hinweis, dass die Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO dem Schuldner nach bisherigem Stand versagt werden kann, da das Anwaltsschreiben falsche Angaben über die Eigentumsverhältnisse enthielt. Diese müsse sich der Schuldner als eigene zurechnen lassen. Unrichtige schriftliche Angaben, die er zwar nicht persönlich niedergelegt habe, die jedoch mit seinem Wissen und seiner Billigung an den Empfänger weitergeleitet worden seien, entsprächen dem Unrechtsgehalt, den § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO sanktionieren wolle. Auch ein Zahlungsaufschub oder eine Stundung stellten eine Leistungsvermeidung im Sinne dieser Vorschrift dar. Der BGH verwies die Sache daher an das LG zurück.

BGH, Beschluss vom 18.11.2021 - IX ZB 1/21

Redaktion beck-aktuell, 16. Dezember 2021.