Verlangsamung eines Films schafft kein neues Beweismittel

Wird in einer Hauptverhandlung ein Film angehalten, so dass ein Einzelbild entsteht, oder werden einzelne Sequenzen vergrößert oder verlangsamt abgespielt, entstehen dadurch keine neuen Beweismittel. Der Bundesgerichtshof wies die Revision eines im Rahmen der Hamburger Krawalle zum G20-Gipfel Verurteilten zurück, der eine Verletzung der Verteidigung behauptete, weil das Gericht den Verfahrensbeteiligten zuvor die Vergrößerungen und Einzelbilder nicht hatte zukommen lassen.

G20-Krawalle in Hamburg

Zwei Heranwachsende und drei erwachsene Männer wurden angeklagt, Anfang Juli 2017 in Hamburg mit rund 200 anderen Menschen zwei Kilometer durch die Elbchaussee gezogen zu sein und dabei eine Reihe von Autos demoliert, knapp 60 Gebäude mit Farbe beschmiert und Fensterscheiben eingeschlagen zu haben. Die Staatsanwaltschaft ging von einem Schaden von etwa einer Million Euro aus. Einer von ihnen - ein Franzose - sollte auch noch Steine und Flaschen auf Polizisten geworfen haben. Das Landgericht Hamburg verurteilte die Erwachsenen zu Freiheitsstrafen, die teilweise zur Bewährung ausgesetzt wurden, und die Heranwachsenden zur Erbringung von Sozialstunden. In der Hauptverhandlung spielten Videoaufnahmen von dem Geschehen eine erhebliche Rolle: Die Jugendkammer ließ einzelne Sequenzen gegen den Widerspruch der Verteidigung verlangsamt abspielen, vergrößerte sie und hielt die Aufnahme stellenweise zu Einzelbildern an. Einer der Angeklagten wehrte sich gegen das Urteil und erhob Revision zum Bundesgerichtshof - ohne Erfolg.

Technischer Umgang mit Filmen schafft keine neuen Beweismittel

Die Verteidigung wurde durch den Umgang mit den Videos in der Hauptverhandlung nicht nach § 338 Nr. 8 StPO beschränkt, so der 5. Strafsenat. Die Verlangsamung, Vergrößerung des Films oder der Halt zu Einzelbildern schafften keine neuen Beweismittel, die der Verteidigung vor der Einführung in die Hauptverhandlung hätten zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Leipziger Richter verglichen die Vorgehensweise mit entsprechenden analogen Situationen, etwa der Inaugenscheinnahme einer Urkunde mit einer Lupe. Hier werde mit der Vergrößerung auch kein neues Beweismittel geschaffen. Auch die Verlangsamung eines Films verändere die Identität des Beweismittels nicht - die Einführung eines Films, ob langsam oder schnell, sei die Inaugenscheinnahme ein und desselben Beweismittels. Anders wäre es nur, wenn das Gericht aus dem Film mittels technischer Bearbeitung Einzelbilder extrahiert hätte und diese dann separat in die Hauptverhandlung eingeführt hätte.

BGH, Beschluss vom 25.11.2021 - 5 StR 115/21

Redaktion beck-aktuell, 16. Dezember 2021.