Verfahrensfragen zu Wildschäden vor dem BGH

Mit einer für die amtliche Sammlung vorgesehenen Entscheidung vom 28.05.2020 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Geltendmachung von Zinsansprüchen gegen den Jagdpächter wegen Wildschäden keines jagdrechtlichen Vorverfahrens bedarf. Außerdem kann sie auch in einem gesonderten Verfahren erfolgen. Damit schärft das Gericht die Konturen dieser Verfahren im Grenzbereich von Zivil- und öffentlichem Recht.

Streit um Verzinsung von Wildschadensansprüchen

Hintergrund der Entscheidung war ein Streit um die Verzinsung von Wildschadensansprüchen. Diese waren durch sogenannten Vorbescheid nach § 35 BJagdG von der Verwaltungsbehörde festgesetzt worden. Nach rheinland-pfälzischem Landesrecht ist dieses Vorverfahren verpflichtend. Die Klagen des Pächters gegen die Bescheide blieben erfolglos und der Geschädigte forderte jeweils die festgesetzte Hauptforderung zuzüglich von Zinsen ab Klageerhebung. Diese waren nicht Gegenstand des Verfahrens und wurden – nachdem nur die Hauptforderungen ausgeglichen worden waren – isoliert eingeklagt. Unzulässigerweise, meinte der Pächter, da auch hier das Vorverfahren hätte durchgeführt werden müssen.

Vorbescheid klärt Grund der Haftung

Mit dieser Meinung drang er allerdings vor dem LG Koblenz und dem BGH nicht durch. Der III. Senat stellte klar, dass das Vorverfahren lediglich der schnellen Ermittlung von Art und Umfang der Schäden diene. Ob überhaupt ein Wildschaden vorgelegen habe, ließe sich ansonsten später in den meisten Fällen kaum mehr feststellen. Umgekehrt gehöre die Klärung "allgemeiner Fragen des materiellen Rechts" gerade nicht zu den Aufgaben des Vorverfahrens. Es gebe also hier keine Sperrwirkung. Auch handele es sich beim Wildschadensanspruch um einen "originär zivilrechtlichen" Anspruch. Nach allgemeiner Regel könnten Zinsansprüche gesondert von Hauptforderung geltend gemacht werden.

BGH Bestätigt Prozesszinsen bei Klage gegen Bescheid

Zu lösen war noch die Frage, ob bei der Klage gegen den Vorbescheid der Behörde überhaupt Prozesszinsen zugunsten des Geschädigten entstehen. Der Senat sprach diese analog § 291 Abs. 1 ZPO zu. Die Bundesrichter verwiesen darauf, dass die Klage gegen den Vorbescheid gegen den Geschädigten gerichtet werden müsse und nicht die Behörde. Einerseits stünden sich damit schon die Parteien des Zivilprozesses gegenüber, andererseits hindere der Rechtsstreit um den Vorbescheid den Geschädigten an einer anderweitigen Geltendmachung seiner Forderung. Mit Eintritt des Schadens, nicht erst mit rechtskräftiger Feststellung, sei der Ersatzanspruch auch fällig gewesen.

BGH, Urteil vom 28.05.2020 - III ZR 138/19

Redaktion beck-aktuell, 19. Juni 2020.