Verdeckte Aufsichtsratsvergütung durch Beratervertrag

Wer im Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft sitzt, muss diesem auch Beraterverträge der eigenen Firma vorlegen, die sie mit der AG schließt. Ohne Zustimmung des Kontrollgremiums müssen die Honorare an die AG zurückgezahlt werden. Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung zur verdeckten Vergütung der Aufsichtsräte erstmalig auf gesetzliche Vertreter der Beraterfirmen erstreckt.

Mit Beratervertrag die Vergütung erhöht

Der Vorsitzende des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft, der D. AG, war gleichzeitig Vorstandsvorsitzender eines Consultingunternehmens. Diese schloss mit der D. AG einen Beratervertrag in Höhe von rund 61.000 Euro, ohne ihn dem Aufsichtsrat der D. AG vorzulegen. Die Vergütung wurde bezahlt. Nachdem ein neuer Aufsichtsratsvorsitzender der D. AG bestellt wurde, entdeckte dieser den Fehler und verlangte die Rückzahlung der Beraterhonorare. Das Landgericht Essen wies die Klage ab, das Oberlandesgericht Hamm gab ihr überwiegend statt. Der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende wehrte sich vor dem Bundesgerichtshof – ohne Erfolg.

§§ 113, 114 AktG analog anwendbar

Die D. AG hat dem BGH zufolge gegen ihren ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden einen Anspruch auf die Rückerstattung der Honorare aus § 114 Abs. 2 Satz 1 AktG analog. Der Anwendungsbereich der §§ 113, 114 AktG könne auf den Vertrag einer Aktiengesellschaft mit dem gesetzlichen Vertreter einer anderen juristischen Person erstreckt werden, wenn es sich dabei um ein eigenes Aufsichtsratsmitglied handele. Das Zustimmungserfordernis nach § 115 Abs. 3 AktG gelte auch hier, um zu verhindern, dass eine verdeckte Aufsichtsratsvergütung gezahlt werde. Damit haben die Bundesrichter einen Streit in Literatur und Rechtsprechung höchstrichterlich entschieden.

Schutzzweck der Regelungen

Nach § 113 AktG entscheidet die Hauptversammlung über die Höhe der Vergütung der Aussichtsratsmitglieder. Wenn Beraterverträge mit einzelnen Mitgliedern des Kontrollgremiums geschlossen werden, bestimme § 114 Abs. 1 AktG, dass ein Honorar nur dann ausgezahlt wird, wenn der zugrunde liegende Beratervertrag zuvor vom Aufsichtsrat genehmigt worden ist, so der II. Zivilsenat. Damit habe der Gesetzgeber verhindern wollen, dass § 113 AktG umgangen wird – also über sogenannte Beraterverträge die Vergütung für die Kontrolltätigkeit erhöht wird, ohne dass die erbrachte Leistung über die organschaftliche Tätigkeit hinausgeht. Der Aufsichtsrat solle das prüfen und dem Vertrag gemäß § 115 Abs. 3 AktG analog zustimmen, bevor Gelder fließen. Das Unternehmen müsse davor geschützt werden, dass die Unabhängigkeit seiner Aufseher durch zu enge Beraterbeziehungen gefährdet werde.

Erstreckung auf gesetzliche Vertreter

Die Verträge müssen laut den Karlsruher Richtern auch dann vom Aufsichtsrat geprüft werden, wenn das Mitglied nur der gesetzliche Vertreter des beratenden Vertragspartners ist. Maßgeblich sei, dass ihn der wirtschaftliche Erfolg und Misserfolg des Consultingunternehmens direkt treffe. Ob das in Form einer Provision oder eines erfolgsunabhängigen Festgehalts geschehe, ist dem BGH zufolge unerheblich. Der Beklagte hat die Zustimmung des Aufsichtsrats nicht eingeholt und damit ein Umgehungsgeschäft getätigt. Nun muss er die Honorare in voller Höhe zurückerstatten – selbst wenn der Vertrag genehmigungsfähig gewesen wäre. 

BGH, Urteil vom 29.06.2021 - II ZR 75/20

Redaktion beck-aktuell, 22. Juli 2021.