Missbrauch gefilmt, aufgezeichnet und weitergegeben
Ein Mann veranlasste 2011 einen zwölfjährigen Jungen, mit ihm Oralsex auszuüben. Er penetrierte ihn auch. Wovon der Junge nichts wusste: Der Täter hatte eine Webcam laufen, die das Geschehen über Skype zu einem weiteren Mann übertrug. Dieser zeichnete vereinbarungsgemäß das anderthalbstündige Geschehen auf und übermittelte die Videodatei später dem Sexualstraftäter. Der "Kameramann" wurde für diese Tat vom Landgericht Wiesbaden und wegen weiterer ähnlicher Taten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Seine Revision zum Bundesgerichtshof hatte nur im Schuldausspruch Erfolg.
Herstellen des Videos ist schwerer Missbrauch von Kindern in kinderpornographischer Absicht
Obwohl der Videoproduzent keinerlei Körperkontakt zu dem geschädigten Kind hatte, hat er sich dem BGH zufolge dennoch der Beihilfe zum schweren Kindesmissbrauch nach § 176 Abs. 1 StGB aF schuldig gemacht: Indem er mit dem anderen vereinbart habe, über Skype zuzuschauen und die Vorgänge aufzuzeichnen, habe er ihn in dessen Vorhaben bestärkt und unterstützt. Als Gehilfe (§ 27 StGB) dieser Vortat hat er laut den Karlsruher Richtern als Täter zudem selbst den § 176a Abs. 3 StGB a. F. in Verbindung mit § 184b StGB a. F. verwirklicht, indem er ein kinderpornographisches Video herstellte und dieses dem anderen aushändigte.
Missbrauchstäter ist ein "anderer"
Dagegen spricht nicht, so die Karlsruher Richter, dass der Mann, der den Jungen eigenhändig missbraucht habe, die Datei erhalten habe. Eine Verbreitung des kinderpornographischen Materials nach § 184b Abs. 2 StGB a. F. (jetzt d§ 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB) ist dem 2. Strafsenat zufolge gegeben, wenn einem anderen der Besitz verschafft wird. Auch die Person, die selbst im Video zu sehen sei, sei ein anderer - eine Person, die an der Herstellung des Videos nicht beteiligt sei - nämlich hier der Vortäter. Diese Ansicht sei dem Ziel des Gesetzgebers geschuldet, der jedweden Markt für Kinderpornographie "austrocknen" wolle. Auch die exklusive Weitergabe an nur eine Person wird laut den Bundesrichtern von dem Begriff der Verbreitung erfasst, denn jeder weitere Konsument verletze die Menschenwürde und Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Kinder aufs Neue und perpetuiere das erlittene Unrecht.