Zwei Hauseigentümer beauftragten einen Dachdeckerbetrieb, unter anderem die Dachrinnen am Haus zu erneuern. Während der Arbeiten bemerkte ein Mitarbeiter des Unternehmens, dass der Wandanschluss des Daches defekt war, und machte den Auftraggeber darauf aufmerksam. Der Dachdecker kalkulierte grob die Vergütung in Höhe von rund 1.200 Euro für den Zusatzauftrag und ließ sich den Auftrag erteilen. Nachdem er die Arbeiten mangelfrei ausgeführt hatte, widerrief der Eigentümer beide Aufträge schriftlich. Später drückte er dem Handwerker noch einen Flyer "Der Handwerker-Widerruf - Schützen Sie sich vor unseriösen Handwerkern" in die Hand und erklärte ihm sein neues Geschäftsmodell. Während das Amtsgericht ihre Klage als rechtsmissbräuchlich abwies, bekamen die Hausbesitzer vor dem Landgericht Hannover hinsichtlich des Zusatzauftrags Recht. Der BGH hob das Urteil wieder auf.
Angebot und Annahme an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten?
Das Landgericht hatte entgegen dem Vortrag des Handwerkers rechtsfehlerhaft unstreitig gestellt, dass die Parteien den Zusatzvertrag am Haus geschlossen haben, so der BGH. Die Hannoveraner hätten gegen die Beweiswürdigungsregeln des § 286 ZPO verstoßen, indem sie den Vortrag des Dachdeckers ignorierten, wonach er beim Ortstermin dem Auftraggeber zwar die zusätzlichen Arbeiten und Kosten erläutert habe, der Hausbesitzer den Auftrag aber erst am Folgetag telefonisch erteilt habe. Das Widerrufsrecht nach den §§ 355, 312g Abs. 1, 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB setze aber beim Vertragsschluss die gleichzeitige körperliche Anwesenheit beider Parteien außerhalb der Geschäftsräume voraus. Das Landgericht müsse dies aufklären.
Die Karlsruher Richter begründen ihre Ansicht sowohl mit dem Wortlaut des § 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB als auch mit dem Schutzzweck: Die Verbraucherrechterichtlinie schütze Verbraucher, die außerhalb der Geschäftsräume ad hoc entscheiden müssen. Könne der Verbraucher hingegen überschlafen, ob er den Auftrag erteilen möchte oder nicht, benötige er kein Widerrufsrecht. Eine typische Druck- oder Überraschungssituation des Hauseigentümers liege nach dem Vortrag des Dachdeckers nicht vor.
Der VII. Zivilsenat verneinte auch das Vorliegen eines Vertrags außerhalb der Geschäftsräume: Nur das Angebot des Dachdeckers wurde am Arbeitsort unterbreitet. § 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB verlange aber nicht nur eine der beiden Vertragserklärungen, sondern einen vollständigen Vertragsschluss außerhalb der Geschäftsräume. Wegen des Ursprungs der Regelung aus dem EU-Recht, das die Vollharmonisierung des Verbraucherrechts in der Europäischen Union wolle, komme eine abweichende Auslegung auch nicht infrage.