Urkundenvollzug trotz Streit: Karlsruhe schafft Rechtssicherheit für Notare

Notare müssen zunächst zwei Wochen lang abwarten, bevor sie eine umstrittene Urkunde vollziehen, sagt der BGH. Gehe ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ein und werde dieser vom Gericht abgelehnt, müssten sie aber nicht auch die Entscheidung über das Rechtsmittel abwarten.

Bereits im Jahr 2020 hatte der BGH entschieden, dass Notare bei Widerspruch eines Beteiligten gegen die Vollziehung einer Urkunde (§ 53 BeurkG) dies in einem Vorbescheid ankündigen müssen. Nun ergänzte der V. Zivilsenat die Einzelheiten zur notwendigen Wartefrist und zum Einfluss noch laufender Rechtsmittelverfahren (Beschluss vom 05.06.2025 – V ZB 37/24).

In dem nun entschiedenen Fall hatte eine Frau mehrere Grundstücke verkauft – und sich vorsorglich im Kaufvertrag ein weitreichendes Rücktrittsrecht gesichert. Nachdem es zum Streit über vertragliche Verpflichtungen kam und die Käuferin ihre Zahlungen einstellte, trat die Verkäuferin vom Vertrag zurück und ließ die Rückabwicklung beurkunden – auch im Namen der Käuferin. Der Notar kündigte mittels Vorbescheid den Vollzug an. Die Käuferin widersprach dem jedoch und legte noch am selben Tag eine Notarbeschwerde ein.

Parallel dazu beantragte sie erfolglos beim Landgericht, der Verkäuferin einstweilen die Verwendung der vereinbarten Rückauflassungsvormerkung zu untersagen. Dagegen legte sie Berufung ein, über die im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Notarbeschwerde noch nicht entschieden worden war. Das LG Mainz urteilte bezüglich der Notarbeschwerde, dass der Notar pflichtgemäß gehandelt habe. Etwa elf Monate nach Erlass des Vorbescheids leitete der Notar schließlich die Eigentumsumschreibung zugunsten der Verkäuferin in die Wege. Die Käuferin verlangte nunmehr mit der vom LG zugelassenen Rechtsbeschwerde vorrangig die Feststellung, durch den Notar und das LG in ihren Rechten verletzt worden zu sein, dran damit aber beim BGH nicht durch. Auch ihr Hilfsantrag auf eine günstige Kostenentscheidung hatte keinen Erfolg.

Notar musste Vollmacht nicht überprüfen

Der V. Zivilsenat verneinte zunächst ein berechtigtes Interesse der Käuferin an der Feststellung einer Rechtsverletzung nach § 62 Abs. 1 FamFG. Ein schwerwiegender Grundrechtseingriff nach § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG sei nicht gegeben. Weder sei eine Wiederholungsgefahr ersichtlich, noch sei das Eigentumsrecht der Käuferin (Art. 14 Abs. 1 GG) betroffen. Zwar sei ansonsten die Rechtsbeschwerde nach Erledigung auf den Kostenpunkt beschränkt weiter verfolgbar, sie bleibe aber im Ergebnis ohne Erfolg. Das LG habe, so das Gericht weiter, zutreffend erkannt, dass der Notar pflichtgemäß handelte.

Der Notar durfte nach Ansicht des BGH davon ausgehen, dass eine wirksame Vertretungserklärung der Käuferin vorlag. Die Rückübertragungsvollmacht sei ausdrücklich unwiderruflich und im Außenverhältnis unbeschränkt erteilt worden. Ein evidenter Missbrauch oder das Fehlen der Vollmacht sei für den Notar nicht ersichtlich gewesen. Dass die Verkäuferin unzutreffende Angaben zur Höhe der geleisteten Zahlungen gemacht habe, habe der Notar mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht überprüfen können – eine Nachforschungspflicht bestehe in solchen Fällen nicht.

Der BGH bestätigte zudem, dass ein Notar bei einem beabsichtigten Vollzug einer Urkunde nach § 53 BeurkG einen Vorbescheid erlassen muss, wenn eine beteiligte Person widerspricht. Dies soll laut BGH dem oder der widersprechenden Beteiligten die Möglichkeit geben, vorläufigen Rechtsschutz zu beantragen. Nach Erlass und Zustellung des Vorbescheids habe er grundsätzlich zwei Wochen zu warten, ob ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt werde. Werde ein solcher gestellt, müsse der Notar auch die Entscheidung darüber abwarten. Lehne das Gericht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz dann ab, dürfe er die Urkunde vollziehen – auch, wenn über ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung noch nicht entschieden sei.

BGH, Beschluss vom 05.06.2025 - V ZB 37/24

Redaktion beck-aktuell, ns, 13. August 2025.

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